Joe Bidens unglaubliches Comeback: Super Tuesday wird zum Zweikampf Biden gegen Sanders
Der ehemalige US-Vizepräsident Joe Biden übertrifft bei den Vorwahlen der Demokraten alle Erwartungen. Elizabeth Warren und Mike Bloomberg enttäuschen.
Joe Bidens Comeback ist perfekt. Nach seinem sensationellen Erfolg in South Carolina zeigte der ehemalige US-Vizepräsident am „Super Tuesday“, dass er auch in Staaten gewinnen kann, in denen er quasi keinen Wahlkampf gemacht hat. Viele der bis zuletzt unentschiedenen Wähler in den 14 Bundesstaaten, die am Dienstag über ihren demokratischen Präsidentschaftskandidaten abstimmten, schlossen sich dem Biden-Trend an und stimmten für den 77-Jährigen.
Auch wenn in der Nacht noch nicht klar war, wie genau sich die insgesamt 1344 Delegiertenstimmen verteilen, die am Dienstag zu vergeben waren, zeigte sich doch: Es war ein starker Abend für Joe Biden. Alles sieht nun nach einem langwierigen Zweikampf mit dem bisherigen Favoriten Bernie Sanders aus.
Joe Biden siegt in vielen Staaten überraschend
Interessant ist dabei, dass Biden nicht nur im Süden der USA abräumte: in Virginia, North Carolina und Alabama. Sondern er gewann beispielsweise auch in nördlichen Staaten wie Massachusetts (dem Heimatstaat seiner Mitbewerberin Elizabeth Warren), in denen dies bis vor wenigen Tagen kaum einer für möglich gehalten hatte.
Dass er Minnesota holte, lag wohl vor allem an Amy Klobuchar. Die Senatorin aus diesem Bundesstaat im Mittleren Westen hatte am Vorabend ihre Präsidentschaftskandidatur beendet und sich für Biden ausgesprochen. Auch Senatorin Warren wird sich nun fragen lassen müssen, warum sie nach einem enttäuschenden Abend noch an ihrer Kandidatur festhält.
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Der politisch linksstehende Senator Sanders siegte Prognosen von US-Medien zufolge in seinem Heimatstaat Vermont, in Colorado und in Utah. Die Nachrichtenagentur AP erklärte ihn auch zum Gewinner in Kalifornien. Vor allem Kalifornien ist enorm wichtig, geht es in diesem Staat doch um 415 Delegiertenstimmen, die sich auf alle Kandidaten verteilen, die mehr als 15 Prozent erreichen.
Zusammen mit Texas (228 Delegierte), das nach Prognosen von Biden gewonnen wurde, geht es hier um 48 Prozent der am "Super Tuesday" zu vergebenen Stimmen. 1991 Delegiertenstimmen braucht, wer beim Nominierungsparteitag der Demokratischen Partei im Juli zum Kandidaten und damit zum Herausforderer von Donald Trump gekürt werden will. Die eigentliche Wahl findet dann am 3. November statt.
Die Schwarzen stimmte mehrheitlich für Joe Biden
Bidens Erfolg beruht ganz stark auf den Stimmen der afroamerikanischen Wähler, die ihm auch zum Sieg in South Carolina verholfen hatten. Gleichzeitig gewann er etwa auch in Virginia mit sehr großem Vorsprung, dem an Washington angrenzenden Bundesstaat, aus dem viele in die Hauptstadt pendeln. Hier stieg zudem die Wahlbeteiligung im Vergleich zu 2016 deutlich an - was gegen die von Sanders vertretene These spricht, dass vor allem seine vielen jungen und sehr begeisterten Anhänger die Wahlbeteiligung steigern.
In den ersten drei Vorwahlen hatte Sanders so klar vor Biden gelegen, dass große Zweifel an dessen Kampagne aufgekommen waren. Auch führt Sanders in landesweiten Umfragen.
In South Carolina meldete Biden sich dann am Samstag so eindeutig zurück, dass gleich zwei der wie Biden moderaten Bewerber aufgaben: der ehemalige Bürgermeister Pete Buttigieg und Senatorin Klobuchar. Zusammen mit Beto O'Rourke aus Texas, der schon früher ausgestiegen war, riefen sie anschließend ihre Anhänger dazu auf, Bidens Kandidatur zu unterstützen. Das hat dem Wahlkampf des Ex-Vizepräsidenten einen ungeheuren, vielleicht den entscheidenden Schub gegeben.
„Wir sind sehr lebendig“
Biden zeigte sich am Dienstagabend vor Anhängern siegessicher. „Noch vor wenigen Tagen haben die Medien und die Experten diesen Wahlkampf für tot erklärt“, wiederholte er in Los Angeles, was er auch in South Carolina gesagt hatte. „Wir sind sehr lebendig!“ Nun gelte es, Trump zu schlagen. „Holen wir uns unser Land zurück!“
Auch Sanders gab sich weiter überzeugt, das Rennen um die Nominierung der Demokraten gewinnen zu können. „Heute Abend sage ich euch mit absoluter Zuversicht, dass wir die demokratische Nominierung gewinnen und den gefährlichsten Präsidenten in der Geschichte dieses Landes schlagen werden“, sagte Sanders bei einem Auftritt in Vermont.
Bloomberg enttäuscht
Mit Spannung war erwartet worden, wie der Milliardär Michael Bloomberg am Dienstag abschneiden würde, es war das erste Mal, dass der 78-Jährige auf den Wahlzetteln stand. Einen ersten Sieg konnte der frühere New Yorker Bürgermeister zwar im Außengebiet Amerikanisch-Samoa verzeichnen - dort ging es allerdings nur um sechs Delegiertenstimmen. Ansonsten lag er in vielen Staaten unter der entscheidenden Grenze von 15 Prozent, konnte also nicht damit rechnen, viele Delegiertenstimmen zu bekommen.
In der Nacht hieß es, Bloomberg werde bereits am Mittwoch entscheiden, ob er weiter im Rennen bleibt oder aussteigt und sich auf Bidens Seite stellt. Bloomberg hat bereits hunderte Millionen Dollar in Wahlkämpfe der Demokraten investiert. Immer wieder sagt er, das wichtigste Ziel sei es, eine zweite Amtszeit von Donald Trump zu verhindern. Auch er steht für den moderaten Flügel der Partei, könnte also Biden damit helfen, wenn er den Weg frei macht.