Baden-Württemberg: Strobl und seine CDU im Clinch
CDU-Landesparteichef Thomas Strobl und die Fraktion im Südwesten sind zerstritten. Nun könnte selbst das historische Grün-Schwarze Projekt in Gefahr sein.
„Manchmal“, sagt Guido Wolf in die Fernsehkamera hinein, „sind reinigende Gewitter wichtig, damit die Sonne wieder aufgeht.“ Er jedenfalls, fährt der Spitzenkandidat der CDU Baden-Württemberg bei der verlorenen Landtagswahl und nun designierte Justizminister fort, werde seinen Beitrag dazu leisten, dass die 42 CDU-Abgeordneten am Donnerstag geschlossen Winfried Kretschmann zum Ministerpräsidenten der bundesweit ersten grün-schwarzen Landesregierung wählen.
Doch der Mann, der das Bündnis auf CDU-Seite geschmiedet hat und Kretschmanns Vize-Regierungschef werden soll, der CDU-Landeschef Thomas Strobl, macht ein Gesicht, als hätte ihn ein Sturm in seinen Grundfesten erschüttert. Mit der Presse will er nicht reden, und an einer Krisensitzung der CDU-Landtagsfraktion an diesem Mittwoch um 17 Uhr nicht teilnehmen. Die Ereignisse des Vorabends, sagen Vertraute, hätten ihn massiv verärgert, sogar zweifeln lassen an den Erfolgschancen seiner Mission. Wo das alles hinführt, werden die CDU-Abgeordneten wohl erst an diesem Donnerstag, 9 Uhr, wissen, beim kurzfristig anberaumten Zählappell. Kretschmann wird um 10 Uhr dazukommen. An ihm soll es nicht liegen, falls bei seiner Wiederwahl nicht alle 89 Stimmen von Grünen und CDU zusammenkommen sollten.
Sogar Kanzlerin Merkel schaltete sich ein
Dass es daran Zweifel gibt und Wolf nun das Gewitter schönredet, das sogar zu einem Krisengespräch mit Kanzlerin Angela Merkel geführt haben soll, liegt am Vortag. Der hatte verheißungsvoll begonnen. Kretschmann und Strobl hatten ihr Kabinett vorgestellt – und der CDU- Politiker war sich gewiss, mit seiner Auswahl punkten zu können. Hatte er für das Wirtschaftsministerium doch eine von den Verbänden sofort gepriesene Überraschungskandidatin präsentiert – und auch für das Kultusministerium eine anerkannte Frau. Die Zeitungen hatten schon positive Schlagzeilen vorbereitet. Stattdessen war dann zu lesen, dass die CDU- Fraktion gegen Strobl revoltiere. Dass dessen Art zu einem Aufstand geführt hatte, war nicht verborgen geblieben – und die Reaktion des CDU-Landeschefs ebenso wenig. Strobl soll die Sitzung mit hochrotem Kopf verlassen haben, nachdem ihm die Runde die dunkelgelbe Karte gezeigt hatte: Bei einer Probeabstimmung zur Wahl Kretschmanns hatte ein Drittel der 39 anwesenden CDU-Abgeordneten mit Nein oder mit Enthaltung votiert. Sei es, weil sie sich bei Strobls einsamen Entscheidungen nicht eingebunden fühlten. „Da haben ein paar versucht, ihr Mütchen zu kühlen“, ärgert sich der designierte Landwirtschaftsminister Peter Hauk.
Die Wurzeln des Konflikts reichen tief
Doch die Wurzeln des Konflikts reichen tiefer. Die große Mehrheit der Fraktion hatte sich beim Duell um die CDU- Spitzenkandidatur auf die Seite von Wolf geschlagen und nicht auf die von Strobl – auch, weil sie Vorbehalte gegen den „Berliner“ hatte. Der Bundestagsabgeordnete, so ihre Sorge, würde nur über sie hinwegregieren. Diesen Verdacht sahen sie am Dienstag nun bestätigt. Dass sich die Lage für die CDU unter Spitzenkandidat Wolf mit dem Absturz von 39 auf nur noch 27 Prozent dramatisch verschlechtert hat, scheint dabei keine Rolle zu spielen. Strobl dagegen sieht seinen geplanten Wechsel von Berlin, wo er als CDU- Bundes- und Fraktionsvize eine feste Größe ist, nach Stuttgart als Dienst an seinem Landesverband in dessen schwerster Stunde. Dass ein Teil der Fraktion das nicht anerkennen mag, hat ihn offenbar tief getroffen. Strobl soll intern sogar gedroht haben, alles hinzuschmeißen.
Dass es so weit kommen könnte, mag keiner recht glauben. Zu viel steht auf dem Spiel, daher geht nicht nur Fraktionschef Wolfgang Reinhart davon aus, dass am Ende fast alle Abgeordneten für Kretschmann stimmen werden. Eitel Sonnenschein aber dürfte zwischen Strobl und „seiner“ Fraktion auch dann kaum ausbrechen.