Plätze bei Prozessauftakt: Streit um NSU-Prozess: Zehn Plätze werden frei
Neue Chance für türkische Vertreter zum NSU-Prozessauftakt? Zehn der vom Gericht eingeplanten 71 Nebenkläger werden am 17./18. April nach Tagesspiegel-Informationen nicht erscheinen. Das gibt Platz etwa für den türkischen Botschafter. Wie wird das Gericht reagieren?
Die Platzfrage zu Beginn des NSU-Prozesses am 17. April muss neu geführt werden. Die Ombudsfrau der Bundesregierung, Barbara John, die sich seit Januar 2012 um die Hinterbliebenen kümmert, sagte Tagesspiegel-Online: "Von den vom Gericht eingeplanten 71 Nebenklägern werden definitiv zum Prozessbeginn am 17. und 18 April zehn Angehörige nicht erscheinen. Damit wäre zum Beispiel Platz für den türkischen Botschafter."
John hat für die Vorbereitungen auf den Prozess alle Nebenkläger angeschrieben, weil es auch um Fragen der psychologischen Betreuung, der Räume und der Sicherheit für die Familien geht. Der Rücklauf der Anfragen habe nun ergeben, dass zehn Nebenkläger erst dann kommen wollen, wenn die jeweiligen Morde an ihren Angehörigen verhandelt werden. John sagte: "Einige wollen Frau Zschäpe auch nicht sehen."
Das Gericht hat nur Platz für 50 Medienvertretern eingeräumt und wollte bisher auch offiziellen Vertretern der Türkei, wie zum Beispiel dem türkischen Botschafter, keine Reservierungen geben. Aufgrund der Haltung des Münchner Oberlandesgerichts ist es zu diplomatischen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei gekommen. Deren Außenminister Ahmet Davutoglu intervenierte bei seinem Kollegen Guido Westerwelle (FDP) und äußerte die „Erwartung“, dass Vertreter türkischer Medien und des türkischen Staates als Beobachter an dem Prozess teilnehmen können. Das Gericht bleibt bisher bei seiner Haltung. Mittlerweile erwägen einige türkische Medien, Verfassungsklage einzureichen.
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte Tagesspiegel-Online: "Wenn jetzt Plätze frei werden, dann hat das Gericht eine neue Chance, um ein anderes Signal auszusenden." Die Plätze, sagte Kolat, könnten nun entweder der internationalen Presse oder auch offiziellen Vertretern des türkischen Staates überlassen werden. Der Prozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) beginnt am 17. April vor dem Oberlandesgericht München. Das Gericht war vor allem in die Kritik geraten, weil es für türkische Medien keine festen Plätze im Gerichtssaal garantiert. Die Plätze wurden strikt nach Eingang der Akkreditierung vergeben. Acht der zehn NSU-Mordopfer hatten türkische Wurzeln. Auch ein griechischstämmiger Kleinunternehmer sowie eine Polizistin wurden Opfer.