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Das Wohl der Kleinen. Darunter verstehen alle anderes. Die Opposition will im Gegensatz zur Regierung möglichst viele in Krippen und Kindergärten fördern.
© dpa

Elterngeld: Streit um ein Herzensanliegen der CSU

Kristina Schröder will die Auszahlung des Betreuungsgeldes an Bedingungen knüpfen. Doch der Kompromissvorschlag der CDU-Familienministerin lockert die Fronten nicht.

Berlin - Im koalitionsinternen Streit um das Betreuungsgeld kämpfen Befürworter und Gegner der neuen Familienleistung weiter verbissen um Positionsgewinne. Der Versuch von Familienministerin Kristina Schröder (CDU), Kritikern der neuen Leistung entgegenzukommen und Fehlanreize zu verhindern, fand bei der CSU nur wenig Begeisterung. Schröder will eine Barauszahlung des Betreuungsgeldes an die Teilnahme der Kinder an ärztlichen Voruntersuchungen knüpfen. CSU-Parteichef Horst Seehofer warnte die Familienministerin und die Schwesterpartei CDU in scharfer Form davor, die Koalitionsverabredung zum Betreuungsgeld in einem Kompromiss zu verwässern.

In der CDU regt sich massiver Widerstand gegen die neue Leistung, nach der Familien für Kinder im zweiten Lebensjahr im kommenden Jahr 100 Euro im Monat und ab 2014 für Zwei- und Dreijährige 150 Euro bekommen sollen, wenn sie kein öffentliches Betreuungsangebot in Anspruch nehmen. Vor allem die CSU hatte das Betreuungsgeld als Kompensation für den Ausbau der Betreuungsangebote für unter Dreijährige und die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz von 2013 an gefordert. Inzwischen ist die Mehrheit für ein entsprechendes Gesetz im Bundestag gefährdet. 23 CDU-Abgeordnete kündigten in einem Brief an Unions-Fraktionschef Volker Kauder an, sie könnten nicht für ein Gesetz stimmen, das sie für schädlich hielten. Die Kritiker fürchten insbesondere, dass sozial schwache oder Einwanderer-Familien wegen der Geldleistung auf eine öffentliche Förderung ihrer Kinder verzichten.

Der jüngste Vorschlag von Familienministerin Schröder geht auf diese Bedenken ein. Mit der Verknüpfung des umstrittenen Betreuungsgeldes mit den Pflichtuntersuchungen will Schröder „falsche Anreize“ der Bargeldleistung vermeiden: „Wenn Eltern ihre Kinder nicht in die Pflichtuntersuchungen geben, ist das oft ein Indikator für problematische Verhältnisse“, sagte sie. Es gebe eine Minderheit von Kindern, die aus so schwierigen Verhältnissen kämen, dass sie von einer frühen Förderung in der Kita stark profitieren würden. „Diese kleine Gruppe sollten wir im Auge haben, wenn es darum geht, beim Betreuungsgeld einen falschen Anreiz zu vermeiden“, sagte Schröder.

Der Kompromissvorschlag kann die Wogen nicht glätten.

Die CSU ist offenbar wenig geneigt, ein solches Zugeständnis an die Kritiker der neuen Leistung mitzutragen. Vorsorgeuntersuchungen für das Wohl seien zwar für das Wohl des Kindes unverzichtbar, sagte die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. Sie halte es allerdings „nicht für besonders naheliegend“, dass das Betreuungsgeld das richtige Instrument sei, um die Einhaltung der Untersuchungen sicherzustellen. Allerdings riet die CSU-Politikerin immerhin dazu, zunächst den Entwurf der Familienministerin abzuwarten und die konkreten Vorschläge dann in Ruhe zu beraten.

Ihr Parteivorsitzender war in dieser Hinsicht weniger zurückhaltend. Seehofer warnte die CDU-Rebellen und die Familienministerin, beim geplanten Gesetz vom Koalitionskompromiss abzuweichen. Gewollt sei „ein glasklares Gesetz, das jeder in zwei Sätzen versteht“, sagte er dem „Spiegel“. Wer sein Kind nicht in die Kita schicke, solle Anspruch auf das Geld haben, egal ob er sich selbst um sein Kind kümmere oder weiter arbeite und die Kinderbetreuung in der Familie organisiere. Alles andere werde auf „entschiedenen Widerstand der CSU stoßen“. Seehofer kündigte an, das Thema werde bei der CSU-Vorstandsklausur Ende dieser Woche in Kloster Andechs eine große Rolle spielen. Das Betreuungsgeld sei für die CSU „keine Pflichterfüllung, sondern ein Herzensanliegen“.

Offenbar auch wegen des massiven Widerstands gegen das Betreuungsgeld in den eigenen Reihen vertagte die CDU einen ursprünglich für diesen Montag geplanten Beschluss des Bundesvorstands über ein Konzept für den ländlichen Raum. Darin bekräftigt die Partei die Einführung des Betreuungsgeldes. Das 27-seitige Konzept „Starkes Land – gute Heimat“ war bei einer Reihe von CDU-Frauen auf teils massive Kritik gestoßen, obwohl das Betreuungsgeld seit längerem Beschlusslage der Partei ist. Nach Angaben eines CDU-Sprechers gibt es zu vielen Themen des Antrags Anregungen, die intensiv debattiert werden sollten. Beim Betreuungsgeld gebe es den Wunsch, die Beschlussfassung des Parteitags zur besseren Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rente aufzunehmen.

Die SPD lehnte auch die von Schröder formulierten Bedingungen ab. Vize-Parteichefin Manuela Schwesig sagte: „Frau Schröders Fernhalteprämie ist und bleibt verkehrt. Nichts kann diesen grundfalschen Schritt rechtfertigen.“ Die Prämie sei aus sozialpolitischer Sicht schädlich, weil sie Kinder von frühkindlicher Bildung in der Kita fernhalte. Aus frauenpolitischer Sicht sei sie unverantwortlich, da sie insbesondere die jungen Mütter von ihren Chancen am Arbeitsmarkt fernhalte und ein nicht mehr zeitgemäßes Alleinverdienermodell fördere. (mit dapd)

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