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Die Polizei war am Mittwochabend mit 4500 Beamten im Einsatz.
© dpa
Update

Demonstration des Pegida-Ablegers in Leipzig: Straßenkampf um Legida - Bahn fährt nach Brandanschlägen wieder

Anhänger und Gegner von Legida standen sich am Mittwoch in Leipzig an der symbolischen Route der Montagsdemos gegenüber. Auch der Polizeieinsatz nahm historische Dimensionen an. Am späten Abend kam es zu Tumulten, bei denen auch Journalisten angegriffen wurden.

Nach Brandanschlägen auf Bahnanlagen in Leipzig rollt der Zugverkehr teilweise wieder. Reisende könnten wieder den Nah- und Fernverkehr nach Dresden, Chemnitz und Meißen nutzen, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn am Donnerstagmorgen. Allerdings müssten sie bis zu 20 Minuten mehr für ihre Fahrt einplanen. Unbekannte hatten am Mittwoch zwei Kabelschächte an der Bahnstrecke Leipzig-Dresden beschädigt. Vermutlich handle es sich um gezielte Aktionen, die mit dem Legida-Aufmarsch in Verbindung stünden, hieß es. Am Abend gab es zwei weitere Anschläge im Leipziger Citytunnel. Die Aktionen waren nur der "Höhepunkt" eines intensiven Mittwochabends.

Ausnahmezustand in der Innenstadt

Denn bis in den späten Mittwochabend herrschten in der Leipziger Innenstadt Ausnahmezustand und angespannte Stimmung: Nach der Absage des Dresdner Pegida-Aufmarsches am Montag wegen möglicher Terrorwarnungen gegen den zurückgetretenen Gründer Lutz Bachmann erlebt die Stadt einen Großkampftag zwischen etwa 10.000 Anhängern des lokalen Legida-Bündnisses – deutlich weniger jedoch als die zunächst angekündigten 30.000 bis 40.000 Teilnehmer – und zehntausenden Gegendemonstranten.

Sie protestieren rings um den Augustusplatz und an der Demonstrationsstrecke mit lautstarken „Haut ab!“- und „Nazis raus!“-Rufen, Trillerpfeifen und lauter Musik. Rund 20 Kundgebungen, Mahnwachen und Demonstrationen von Kirchen, der Stadt, Parteien, Künstlern, Gewerkschaften, Hochschulen und Studenten kreisen den Legida-Versammlungsort nahezu ein.

An den engen Zugängen zum Kundgebungsareal gibt es am frühen Abend immer wieder Rangeleien, weil Legida-Gegner den Anhängern den Zugang versperren. Die Polizei muss teils mit Gewalt den Mitläufern des islamfeindlichen Bündnisses eine Gasse freihalten. Vereinzelt werden Protestierer festgenommen.

Zum Ende der Legida-Demonstration kam es am späten Abend zu Tumulten. Dabei habe es „einige wenige Verletzte“ gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Um was für Verletzungen es sich handelte und wer von wem attackiert wurde, war unklar. Es seien Böller und Flaschen geflogen. Zudem wurden nach Angaben der Polizei auch Journalisten attackiert - aus welchem Lager war zunächst ebenfalls ungeklärt. Die Fotoausrüstung eines Pressevertreters sei zerstört worden.

„Es ist tatsächlich so, dass wir im Abgang Probleme bekommen haben, die Lager zu trennen“, sagte der Polizeisprecher. Vor dem Hauptbahnhof habe es Zusammenstöße von Legida-Anhängern und Gegendemonstranten gegeben. Die Beamten versuchten, die Legida-Sympathisanten unter Polizeibegleitung in nördlicher Richtung aus der Innenstadt zu leiten. Gegen 22.00 Uhr habe sich die Lage beruhigt.

4500 Polizisten im Einsatz

Einer der Legida-Redner ist der Rechtspopulist Jürgen Elsässer. Gegen 19.30 Uhr setzt sich dann der lange Zug durch eine Geisterstadt in Bewegung: Der Innenstadtring ist schon seit dem Mittag für den Verkehr gesperrt, Straßenbahnen und Bussen fahren nicht mehr, viele Geschäfte sind vorzeitig geschlossen. Selbst in vielen Schulen war der Unterricht schon mittags beendet worden, damit die Schüler noch nach Hause kommen konnten. Am Abend ist die Marschroute komplett von Polizeiwagen, Absperrgittern und Polizisten in Helmen, Schutzwesten und mit Schlagstöcken gesäumt, auch Wasserwerfer und Räumfahrzeuge stehen bereit. Das Bürgerbündnis „Leipzig nimmt Platz“ wollte mit Sitzblockaden den Marsch aufhalten – dazu kommt es jedoch nicht.

In Leipzig waren am Mittwochabend rund 20 Gegendemonstrationen angemeldet.
In Leipzig waren am Mittwochabend rund 20 Gegendemonstrationen angemeldet.
© AFP

4500 Polizisten aus der ganzen Republik waren im Laufe des Tages zusammengezogen worden, um die verfeindeten Lager zu trennen und für Sicherheit sorgen. Dies sei der größte Polizeieinsatz in der Geschichte Leipzigs seit 1989, sagt Polizeipräsident Bernd Merbitz. Oper und Gewandhaus sind komplett verdunkelt, auch in vielen Hochhäuern an der Strecke sind die Lichter aus. Durch die Häuserschluchten dröhnt aus dem Legida-Marsch immer wieder der Ruf „Wir sind das Volk“. Vom Innenstadt-Ring war bei den Montagsdemos im Revolutionsherbst 1989 dieser Slogan ausgegangen.

Die symbolische Route ist im Vorfeld auch juristisch umstritten. Das Rathaus hatte entschieden, den Ring aus Sicherheitsgründen nicht komplett für einen Aufmarsch freizugeben. Zugelassen wurde nur eine Marschroute mit einem kurzen Abschnitt des Ringes. Das Verwaltungsgericht bestätigte am Nachmittag die Entscheidung. Zuvor hatte Pegida-Führer Lutz Bachmann seine Sympathisanten dazu aufgefordert, in Leipzig dabei zu sein – er selbst trat aber am Abend zurück.

„Er war sowieso nicht der Richtige an der Spitze“, sagt dazu schulterzuckend ein älterer Mann auf der Legida-Kundgebung. Bereits am Montag voriger Woche waren in Leipzig etwa 4000 Legida-Anhänger marschiert, dagegen hatten 35 000 Menschen protestiert. Danach wurden die Montags-Demos von Legida auf den Mittwoch verlegt, weil zuerst Gegendemos der Kirche angemeldet worden waren.

Pegida-Sprecherin distanziert sich von Legida

Laut Sachsens Verfassungsschutz-Präsident Meyer-Plath haben sich bei Lediga in Leipzig – anders als bei Pegida in Dresden – von Beginn an auch Rechtsextremisten engagiert. Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel distanzierte sich öffentlich von Legida und drohte mit einer Unterlassungsklage. Die Organisatoren hätten bis Mittwoch keine klare Erklärung abgegeben, „dass sie den Forderungskatalog von Pegida Dresden übernehmen“, so Ortel. Auch für die Kundgebung am Mittwochabend hätten die NPD und die Jugendorganisation JN in anderen Bundesländern massiv Anhänger mobilisiert, sagte Geheimdienstchef Meyer-Plath.

Der Leipziger Ableger habe sich zudem von Beginn radikaler geäußert und Begriffe von Rechtsextremisten wie die vom angeblichen „Kriegsschuldkult“ benutzt. Parteigebundene Rechtsextremisten, die Kameradschaftsszene und rechtsextreme Hooligans hätten schon mehrfach gemeinsame Sache gemacht und versuchten jetzt, bei Legida eine Plattform zu finden“, ergänzte Meyer-Plath in der Zeitung „Die Welt“.

Allerdings agiert zugleich in der Stadt eine gewaltbereite linke Szene. Mehrere Hundert Autonome und Studenten waren erst vorige Woche mit einer unangemeldeten Spontandemo durch die Stadt gezogen und hatten Schaufenster eingeworfen, Verkehrszeichen herausgerissen, Polizeiautos und Beamte mit Steinen bewarfen. Zuletzt wurden etwa 40 Fenster im ersten Stock des Amtsgerichts eingeschmissen auch die Fassaden des Bundesverwaltungsgerichts besprüht. Auch in der Nacht stand noch zu befürchten, dass Linksradikale erneut randalieren. (mit dpa)

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