Ibiza-Affäre: Strache-Video sollte für siebenstellige Summe verkauft werden
Wer steckt hinter dem Ibiza-Video? Einiges deutet auf einen Anwalt und einen Detektiv hin. Sie wollten Geld machen – und boten das Material auch Böhmermann an.
Das auf Ibiza aufgenommene Video soll bereits im Frühsommer vergangenen Jahres für eine siebenstellige Summe zum Kauf angeboten worden sein. Das berichtet die Wochenzeitung "Die Zeit", die nach eigenen Angaben Kontakt zu den Verantwortlichen des Videos hatte. Zwischenhändler haben testen wollen, ob es für die Aufnahmen einen Markt gebe. Zu den Redaktionen, denen die Mitschnitte angeboten wurden, zähle die "Süddeutsche Zeitung".
Nachdem die Verhandlungen mit den Journalisten in einer Sackgasse steckten, wandten sich die Videohändler dem Bericht zufolge vor Ostern an den Satiriker Jan Böhmermann, offenbar noch immer in der Hoffnung, für das Material Geld erhalten zu können. Daher habe Böhmermann von dem Video gewusst. Das würde seinen Auftritt bei der Romy-Preisverleihung im April erklären. Damals hatte der TV-Moderator Anspielungen auf den Inhalt des Videos gemacht.
Dass ein Geheimdienst involviert war, wie manche vermuten, glauben die "Zeit"-Journalisten nicht, dagegen spreche der eher unprofessionelle Umgang mit dem Material nach dem Treffen auf Ibiza.
Wer steckt also hinter dem Video? In Wien sei die Rede von einem größeren Geflecht an Personen mit unterschiedlichen Zielen, berichtet die "Zeit", die zu verschiedenen Zeitpunkten eingebunden gewesen seien, darunter "enttäuschte Anhänger der FPÖ", aber auch politische Gegner, die der Partei schaden wollen.
Die Zeit-Recherche bestätigt, dass ein Wiener Anwalt das Treffen vermittelte, welches letztlich zum Skandal-Video auf Ibiza führte. Auch die österreichische Zeitung "Die Presse" berichtet darüber. Über das Treffen hatte zuvor schon der ehemalige FPÖ-Politiker Johann Gudenus der österreichischen Zeitung „Kurier“ berichtet. „Eine Immobilienmaklerin, die mit uns seit langem befreundet ist, hat angerufen und gesagt, da interessiert sich jemand für euer Jagdgrundstück“, behauptete Gudenus im Gespräch mit der Zeitung. „Der Anwalt hat dann den weiteren Kontakt gelegt, hat mir bestätigt, dass die Identitäten der Herrschaften echt sind“, wird Gudenus zitiert. Laut "Zeit" trafen sich der Anwalt und Gudenus erstmals Ende 2016.
Im österreichischen TV tritt ein Ex-Geschäftspartner auf
Am Mittwochabend verdichteten sich die Hinweise, dass diese Version stimmen könnte: Im österreichischen Fernsehen trat ein Mann auf, der nach eigenen Angaben mit Spionage vertraut ist. Sascha Wandl behauptete bei „oe24“, dass ein ehemaliger Geschäftspartner, den er selbst in diesem Bereich ausgebildet habe, die Videofalle gemeinsam mit jenem Wiener Anwalt namens Ramin M. gelegt habe. Er soll sich als ein Geschäftsmann ausgegeben haben, aber tatsächlich eine Detektei betreiben.
Wandl will in den Aufnahmen ein Muster festgestellt haben, das ihm aus der Betriebsspionage vertraut sei. „Das Ibiza-Video trägt genau meine Handschrift“, sagte er. Den Ex-Geschäftspartner aus Deutschland habe er auf dem Video erkannt. Zudem erklärte Wandl, dass er höchstpersönlich ihn mit dem Wiener Anwalt bekannt gemacht habe. Er selbst sei 2016 aus dem Spionagegeschäft ausgestiegen. Konkrete Informationen über mögliche Absprachen der beiden und Details zu Hintermännern habe er daher nicht.
Erstes Treffen mit Oligarchen-Nichte in Wien
Ein erstes Treffen in Wien, bei dem auch die vermeintliche lettische Oligarchen-Nichte dabei gewesen sein soll, hat es der "Zeit" zufolge am 24. März 2017 gegeben. Auch der Wiener Anwalt sei dabei gewesen, auf Ibiza dagegen nicht, erklärte Gudenus. Den Namen des Anwalts erwähnt der „Kurier“ in seinem Beitrag nicht, er sei der Redaktion aber bekannt. Brisant: Der besagte Anwalt soll laut der Zeitung "Österreich" wiederum für einen Anwalt gearbeitet haben, der der SPÖ eng verbunden ist und für die Partei auch kandidierte.
„Ich ersuche namens meines Mandanten um Verständnis, dass dieser aufgrund von Verschwiegenheitsverpflichtungen für ein Gespräch nicht zur Verfügung stehen kann“, teilte der Anwalt des Anwalts dem "Kurier" mit. „Bitte beachten Sie strikt, dass mein Mandant keine Zustimmung zu identifizierender Berichterstattung erteilt.“ Laut der "Presse" war auch der Deutsche bei dem Treffen im März dabei. In der Folge fanden mehrere Treffen zwischen ihm, Gudenus und der Lettin statt.
Das Skandal-Video aus Ibiza aus dem Sommer 2017 hat zu einer schweren Regierungskrise in Österreich geführt. Inzwischen sind keine FPÖ-Politiker mehr Teil der Regierung. Strache ist auch als FPÖ-Chef zurückgetreten. Gudenus verließ die Partei.
Die Oppositionspartei SPÖ hatte angekündigt gegen Kanzler Kurz klagen zu wollen. Das Portal „oe24“ zitierte entsprechend SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda: "Die ungeheuerlichen Anschuldigungen des Bundeskanzlers, der in mehreren Interviews behauptet, die SPÖ hätte mit dem Ibiza-Video zu tun, werden ein gerichtliches Nachspiel haben." (Tsp, dpa)
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