Salto mortale in Hessen: Stilllegungsverfügung von Atomkraftmeilern war rechtswidrig
Dem Land Hessen drohen hohe Kosten für den Atomausstieg. Die alte Regierung hat möglicherweise Fehler gemacht. Die Grünen müssen nun die Politik der CDU verteidigen.
Seit der Landtagswahl im vergangenen September beschwören die Akteure der hessischen Landespolitik immer wieder einen vermeintlich neuen Politikstil: weg von der harten Konfrontation, hin zu mehr Kooperation. Doch damit war es am Mittwoch bei der Debatte über die Abschaltung der Atomkraftmeiler in Biblis vorbei. Die Sache selbst ist dafür zu brisant und könnte das Land vielleicht mehr als hundert Millionen Euro kosten. Der hessische Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht haben nämlich festgestellt, dass die Stilllegungsverfügungen des Landes vom 18. März 2011 für Biblis A und B rechtswidrig waren. Das Land muss jetzt mit einer Schadenersatzklage des Betreibers RWE rechnen.
Wer hat damals Fehler gemacht und haftet politisch oder sogar finanziell?
Deshalb debattierte der Landtag aufgeregt und kontrovers die folgenreiche Frage: Wer hat damals Fehler gemacht und haftet politisch oder sogar finanziell? Es taten sich kuriose neue Fronten auf. Nach der ersten Gerichtsentscheidung im Februar 2013 hatten nämlich SPD und Grüne noch gemeinsam von einem „Desaster“ gesprochen und die damalige Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) zum Rücktritt aufgefordert. Jetzt übernahm dagegen im Parlament eine Grüne Puttrichs Verteidigung. Die neue Umweltministerin Priska Hinz machte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung für den fehlerhaften Atomausstieg verantwortlich. Der Bund habe nach der Atomkatastrophe von Fukushima die Länder angewiesen, die älteren Atommeiler stillzulegen. Da die vom Bund dafür genannten materiellen Gründe vor Gericht nicht bestanden hätten, trage der Bund die Verantwortung, so die Grüne.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Lediglich das Land Hessen hatte damals formal auf eine Anhörung des Kraftwerksbetreibers RWE verzichtet. Allein deshalb sei die Anordnung rechtswidrig gewesen, urteilten die Gerichte. „Stümperhaft und töricht“ habe die damalige Umweltministerin gehandelt, kritisierte deshalb der SPD-Abgeordnete Norbert Schmitt. Er zitierte eine interne E-Mail, in der das hessische Justizministerium, damals von der FDP geführt, am Tag vor der Verfügung sogar vor diesem Anhörungsverzicht gewarnt habe. Puttrich, mittlerweile Bundesratsministerin, müsse wegen ihrer Fehler zurücktreten, so der Sozialdemokrat. Die Argumentation der Grünen nannte er einen „Salto mortale“. „Keine Koalition ist es wert, dass man sich so verbiegt“, rief die Linke Janine Wissler den Grünen zu und sorgte für Unruhe im Plenum. Der frühere Grünen-Chef Tarek Al-Wazir, inzwischen Wirtschaftsminister, verfolgte die Anwürfe stumm auf der Regierungsbank.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität