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Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO).
© dpa/Kay Nietfeld

Datenlage reicht nicht aus: Stiko-Chef erwartet keine generelle Empfehlung für Kinderimpfung

Die Impfkommission wird voraussichtlich keine generelle Empfehlung für die Impfung von Kindern aussprechen. Junge Menschen können sich dennoch impfen lassen.

Ab Montag soll es soweit sein. In Deutschland können dann auch Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren gegen Corona geimpft werden. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hatte das Vakzin von Biontech/Pfizer vor einer Woche auch für diese Altersgruppe zugelassen. Für viele Kinder und Eltern ist das eine gute Nachricht. Doch nicht alle Experten sind über diesen Schritt glücklich.

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Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, hat nun in der Debatte um Corona-Kinderimpfungen angedeutet, dass es keine generelle Empfehlung geben wird. „Es ist keine generelle Empfehlung der Stiko für alle gesunden Kinder zu erwarten“, sagte Mertens am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Für die Empfehlung einer Impfung bei allen gesunden Kindern reichten die Daten bei weitem nicht aus.

Die Experten haben demnach viele verfügbare Daten aus Studien zusammengetragen. „Es sind alle Ergebnisse so, dass man sicher daraus keine Argumentation für eine generelle Impfung aller gesunden Kinder ableiten kann“. In den nächsten Tagen will die Stiko ihre Empfehlung offiziell bekanntgeben.

Bereits in den vergangenen Tagen hatte Mertens um Verständnis für die zögerliche Haltung bei Kinderimpfungen geworben. In der Debatte seien viele Argumente „leichthin genannt worden, die einer Nachprüfung nicht standhalten“, kritisierte Mertens. So sei es zum Beispiel „nicht besonders sinnvoll“, das Thema Schule mit der Impfdebatte zu verknüpfen. „Die Stiko und ich glaube auch viele andere vernünftige Leute halten diese sprachliche Verbindung von Impfung als Voraussetzung für das normale Leben der Kinder für einen Irrweg.“

Allenfalls bei Vorerkrankungen eine Stiko-Empfehlung

Die Stiko hatte schon nach der EU-Zulassung eines Impfstoffs für Kinder und Jugendliche vor rund einer Woche erklärt, allenfalls bei Vorerkrankungen die Impfung zu empfehlen. Eltern, die jedoch unbedingt wollten, dass ihre Kinder geimpft werden, könnten das erreichen, sagte Mertens.

[Mehr zum Thema: Das spricht für die Kinder-Impfung – und das dagegen (T+)]. 

Kinder und Jugendliche können sich aber auch gegen den Willen ihrer Eltern gegen Covid impfen lassen. „Wenn mir ein 14-Jähriger klar erklären kann, warum er geimpft werden will und das Thema auch versteht, dann ist eine Impfung ohne Einwilligung der Eltern möglich“, sagt Jakob Maske, Bundespressesprecher vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, den Zeitungen der Funke Mediengruppe einem Vorabbericht zufolge. Eine Empfehlung an Ärzte, Kinder und Jugendliche ohne Einwilligung der Eltern zu impfen, wollte Maske aber nicht aussprechen. Der goldene Weg sei, die Eltern mit ins Boot zu holen.

Wirksamkeit der Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna

Die Daten zur Wirksamkeit und den Risiken der Impfstoffe von Biontech/Pfizer und auch Moderna bei jungen Menschen beruhigen hingegen: Der Impfstoff von Biontech werde von den Zwölf- bis 15-Jährigen gut vertragen, die Nebenwirkungen seien mit denen bei älteren Menschen vergleichbar, erklärte die EMA unter Verweis auf eine Studie mit 2200 jungen Probanden. Auf ein ähnliches Ergebnis kam eine Studie mit dem Corona-Impfstoff von Moderna mit 3700 Jugendlichen. Der US-Konzern will noch in diesem Monat eine Zulassung für Zwölf- bis 15-Jährige beantragen.

Die europäischen und US-Gesundheitsbehörden untersuchen derzeit mehrere Fälle von Herzmuskelentzündungen bei jungen Menschen, die nach einer Corona-Impfung aufgetreten waren. Bisher wurde noch kein Zusammenhang nachgewiesen. (dpa, Reuters, AFP)

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