Wie wahrscheinlich ist die Ampel im Bund?: Steuern, Klima, Corona – Rot-Grün und die FDP sind sich zu uneinig
Olaf Scholz und die SPD hoffen darauf, vor den Grünen zu landen und eine Ampelkoalition anzuführen. Die Chancen aber stehen schlecht. Ein Kommentar.
Jetzt machen sich die Sozialdemokraten doch Hoffnungen. Ihr Spitzenkandidat Olaf Scholz liegt vor den Konkurrenten, ihm trauen die Deutschen mehr als den anderen die Kanzlerschaft zu. Nur der SPD halt nicht, die Kanzlerpartei zu sein. Mag Scholz gerade die Partei in den Schatten stellen - am Wahltag wird sie in jedem Fall wieder sichtbar. Auch mit all ihren dunklen Seiten der Uneinigkeit.
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Was logischerweise die Chancen schmälert, vor den Grünen zu landen und aus dieser Position heraus eine Ampelkoalition anzustreben. Zumal, sagen wir, Rot-Grün dann vielleicht 35 Prozent erreicht - und da soll oder will dann die FDP-Mehrheitsbeschafferin werden?
FDP-Chef Christian Lindner hat zu viel daran- und eingesetzt in den vergangenen Jahren, auch persönlich, die Partei vom Ruch der Machtversessenheit zu befreien. Der Fall Jamaika ist dafür zum Ausgangspunkt geworden.
Wenn nun die Freidemokraten nach dem 26. September eine Koalition ermöglichen würden, in der sie nur wegen ihrer Stimme willkommen wären, nicht wegen ihrer Inhalte, würde im Nachhinein noch jeder Versuch diskreditiert, der Regierungsabsage von 2017 einen ernsten, tiefen Sinn zu geben.
Hinzu kommt, dass Rot und Grün sich wahrscheinlich recht schnell verständigen könnten - aber nicht die FDP mit ihnen. In fast allen wesentlichen Punkten sind sie in der Ausgestaltung künftiger Politik auseinander: Steuern, Klima, Corona… Dann die Forderung Lindners, den Finanzminister zu stellen: der kleinste Partner soll dem von ihm schwerlich zu bestimmenden Kurs die Grundlage verschaffen? Noch dazu, wenn der absehbare rot-grüne Kurs von ihnen abgelehnt wird?
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Lindner hat diese Ablehnung bereits vor einiger Zeit deutlich gemacht; je näher der Wahltag rückt, desto mehr wird er sich zu etwaigen Koalitionen erklären müssen. Und sich nötigenfalls abgrenzen. Andernfalls besteht die Gefahr, falsche Vorstellungen zu wecken oder inzwischen gewonnene Sympathien zu verlieren.
Den Sozialdemokraten bleiben also bis dahin noch Hoffnungen. Schon gar, weil es doch ist, wie Karl Jaspers sagte, der Psychiater und Philosoph: Hoffnungslosigkeit ist schon die vorweggenommene Niederlage.