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Außenpolitiker im Gespräch: Hans-Dietrich Genscher und Frank-Walter Steinmeier 2007 bei einer Buchvorstellung in Berlin.
© Peer Grimm/dpa
Update

Reaktionen auf Genschers Tod: Steinmeier: "Ein großer Deutscher und Europäer"

In Deutschland und weit darüber hinaus hat der Tod des früheren Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher Trauer und Bestürzung ausgelöst. Sein Lebenswerk wird breit gewürdigt.

Ein großer Liberaler, Deutschlands Rekord-Außenminister und eine entscheidende Figur, als der Weg zur Deutschen Einheit bereitet wurde. Hans-Dietrich Genscher ist am Freitag im Alter von 89 Jahren gestorben. Schon unmittelbar danach würdigten Weggefährten und aktive Politiker sein Lebenswerk.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte den früheren Außenminister und FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher als einen weltweit geachteten Staatsmann. In einer Mitteilung erklärte sie am Freitag: „Ich verneige mich in Hochachtung vor der Lebensleistung dieses großen liberalen Patrioten und Europäers.“ Sie bleibe „für all die Gespräche und Begegnungen mit ihm dankbar, bei denen ich bis in die letzten Jahre von seiner Welterfahrung und Lebensweisheit schöpfen durfte“. Genscher habe das Amt des Außenministers geprägt wie kein anderer. Sein Lebenswerk habe zwei Zielen gegolten: dem europäischen Entspannungsprozess und der deutschen Wiedervereinigung. Er habe Millionen von Menschen in der DDR und in Osteuropa Hoffnung auf Veränderung gegeben - so auch ihr persönlich. „Als gebürtiger Hallenser hat Hans-Dietrich Genscher das Unrecht der deutschen Teilung nie hingenommen.“

Bundespräsident Joachim Gauck bezeichnete den früheren Bundesaußenminister als "herausragende Persönlichkeit in der Geschichte unseres Landes". Gauck erinnerte am Freitag in Berlin an die Rolle Genschers bei der deutschen Wiedervereinigung. "Beharrlich, allgegenwärtig und mit feinem Gespür für historische Momente hat er das friedliche Zusammenwachsen unseres Landes und unseres Kontinents vorangetrieben." Genscher habe Deutschland mit "seiner Verlässlichkeit und seinem diplomatischen Geschick" in der Welt ein Gesicht gegeben und das Vertrauen bei den Partnern des Landes gestärkt. "Hans-Dietrich Genscher hat Großes geleistet, er hat die Geschichte unseres Landes in unruhigen Jahrzehnten mitgestaltet und geprägt", teilte der Bundespräsident weiter mit.

Bundesratspräsident Stanislaw Tillich (CDU) bezeichnete Genscher als „Baumeister der Deutschen Einheit“. „Viele Ostdeutsche verbinden mit ihm ganz persönliche und hochemotionale Momente, als er auf dem Balkon der Deutschen Botschaft in Prag den berühmtesten Halbsatz der deutschen Geschichte sprach und damit die Ausreise der Botschaftsflüchtlinge verkündete“, erklärte der sächsische Ministerpräsident am Freitag in Dresden. Diese Bilder seien Geschichte geworden. Für das Wirken Genschers, mit dem er an der Seite von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) „durch sein diplomatisches Geschick und hohem Maß an persönlicher Integrität“ maßgeblich zur Einheit beigetragen habe, würden „ihm die Menschen in Deutschland für immer dankbar sein“.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) würdigte Genscher als "großen Deutschen und großen Europäer". "Sein Platz in den Geschichtsbüchern ist ihm gewiss", erklärte Steinmeier am Freitag am Rande eines Besuchs in Tadschikistan. Die Nachricht vom Tod bewege ihn tief und erfülle ihn mit Trauer, erklärte Steinmeier. Genscher habe "in seinem langen und bewegten Leben buchstäblich Geschichte geschrieben". Dabei sei ihm besonders die Überwindung der Teilung Deutschlands und der Spaltung Europas eine lebenslange Aufgabe gewesen.

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner teilte in einer ersten Reaktion per Twitter mit: "Genscher hat Geschichte geschrieben und unser Land geprägt. Wir haben ihm viel zu verdanken. Unsere Trauer kann nicht größer sein."

Die Bundesregierung würdigte Hans-Dietrich Genscher als großen Staatsmann. Die Mitteilung von Genschers Tod erreichte den stellvertretenden Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in einer routinemäßigen Bundespressekonferenz in Berlin. Streiter sagte, Genscher habe wie ganz wenige andere die Geschicke Deutschlands beeinflusst. Er nannte ihn einen großen Europäer und großen Deutschen. Er, Streiter, fühle sich in diesem Moment als stellvertretender Regierungssprecher „zu klein, um diesen großen Staatsmann zu würdigen".

Vizekanzler und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel erklärte: „Mit ihm verliert unser Land einen der ganz großen Liberalen, einen Anwalt der Verständigung und der steten Annäherung und eine einzigartige Persönlichkeit.“ Genscher habe das Ansehen Deutschlands in der Welt gemehrt und sich mit seinem langjährigen Wirken enorme Verdienste erworben. „Die Einbindung Deutschlands in ein freiheitliches und friedliches Europa ist und bleibt eine große historische Errungenschaft, an deren Zustandekommen er entscheidenden Anteil hatte.“

Ex-FDP-Chef Philipp Rösler bekundete: „In tiefster Trauer und voll von unendlichem Respekt vor Hans-Dietrich Genschers Leistungen für Deutschland, Europa und die Welt.“ Grünen-Parteichef Cem Özdemir schrieb: „Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen. Mit H.-D. Genscher verlieren wir großen Staatsmann. Stand wie Brandt für Öffnung Deutschlands.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) würdigte insbesondere Genschers Verdienste für den Osten und seine Heimat: "Er war nicht nur ein Sachwalter der deutschen Einheit, er hat diese auch vorgelebt. Als Politiker hat er sich lange vor, aber auch nach der deutschen Wiedervereinigung immer wieder für die Menschen im Osten eingesetzt. Genscher war nicht nur gebürtiger Hallenser, er hat diese Stadt geliebt. Für sein Engagement für Halle und Sachsen-Anhalt insgesamt sind wir ihm sehr dankbar. Die Wiedererrichtung der Franckeschen Stiftungen zu Halle und der Erhalt des Goethe-Theaters Bad Lauchstädt werden immer mit seinem Namen verbunden sein.“

CDU-Vize Armin Laschet teilte mit: „Ein großer Staatsmann, ein großer Liberaler, ein großer Europäer - er stand für das Beste der Bonner Republik.“

"Mit ihm ist einer der international anerkanntesten und profiliertesten Politiker der Bundesrepublik Deutschland gestorben", erklärten die Linken-Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Frühzeitig habe er Entspannungspolitik und internationale Abrüstung unterstützt.

Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte der „Bild“-Zeitung: „Genscher war ein großer deutscher Politiker, der Deutschlands Rolle in der Welt geformt und gefestigt hat. Der friedliche Ausgleich von Interessen mit den Mitteln der Diplomatie war seine Mission.“ Er bleibe als ein überzeugter Anwalt eines Ausgleichs zwischen Deutschland und Russland - auch in schwierigen Zeiten - in Erinnerung.

CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete den gestorbenen Ex-Außenminister als leidenschaftlichen Politiker. „Mit Hans-Dietrich Genscher geht einer der ganz Großen“, erklärte der bayerische Ministerpräsident am Freitag in München. „Mit politischer Weitsicht, liberalem Pragmatismus und großem persönlichen Engagement hat Hans-Dietrich Genscher wie kaum ein anderer die Geschicke der Bundesrepublik entscheidend mitgeprägt." Die Wiedervereinigung trage wesentlich seine Handschrift. „Wir verneigen uns vor einem leidenschaftlichen Homo politicus.“

Anteilnahme auch im Ausland

Frankreich würdigte den verstorbenen langjährigen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher als "überzeugten Europäer". "Er war einer der großen Akteure der Wiedervereinigung, der mit seinen politischen und menschlichen Qualitäten diese bedeutende Phase der europäischen Geschichte geprägt hat", erklärte Außenminister Jean-Marc Ayrault am Freitag. Der frühere FDP-Vorsitzende sei "überzeugter Europäer, treibende Kraft hinter der deutsch-französischen Zusammenarbeit und Verteidiger der Wiedervereinigung Deutschlands" gewesen. (Tsp, rtr, AFP, dpa)

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