Sigmar Gabriel sagt VDA ab: „Stehe für Amt nicht zur Verfügung“
Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel bereitet den Spekulationen ein Ende: Er will nicht Präsident des Verbandes der Automobilindustrie werden.
Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wird nicht neuer Präsident beim Verband der Automobilindustrie (VDA). Er habe sich entschieden, „nach reiflicher Überlegung und aufgrund anderer Aufgaben“ für dieses Amt nicht zur Verfügung stehen, teilte er dem Tagesspiegel mit.
Gabriel galt als Favorit für die Nachfolge von Bernhard Mattes, der sein Amt als VDA-Chef abgibt. „Ohne Zweifel ist es eine spannende und herausfordernde Aufgabe, die Automobilwirtschaft gerade in einer Zeit großer Umbrüche zu begleiten. Die Bedeutung dieses Teils der deutschen Industrie für den wirtschaftlichen Erfolg, die soziale Stabilität und die ökologische Nachhaltigkeit unseres Landes ist kaum zu überschätzen“, betonte er. Er empfände es deshalb auch als Ausdruck großen Vertrauens, dass Vertreter dieses für Deutschland so wichtigen Industriezweiges ihm die Aufgabe als Präsident des VDA zugetraut hätten.
„Ich danke zugleich für die Offenheit, die in einem ersten sehr konstruktiven Gespräch am vergangenen Wochenende auch große Übereinstimmungen hinsichtlich der künftigen Aufgaben des VDA gezeigt hat.“
Der VDA ist einer der einflussreichsten Lobbyverbände in Deutschland, die Autobranche mit mehr als 800.000 direkt Beschäftigten eine Schlüsselindustrie.
Sigmar Gabriel: „Chance, etwas Neues anzufangen“
In der Branche stehen nach dem Diesel-Skandal und den grundlegenden Veränderungen durch die Klimaschutzauflagen und die E-Mobilität große Veränderungen an – es ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Die mögliche Berufung Gabriels auf den Posten des Cheflobbyisten war auf scharfe Kritik gestoßen, etwa von dem Grünen-Politiker Sven Christian Kindler, der betonte: „In den letzten Jahren hat Gabriel immer gegen eine ambitionierte Klimapolitik gewettert. Mit dieser Personalie würde die Autolobby weiterhin auf Blockade bei Klima und Verkehrswende setzen.“ Gabriel habe ja als SPD-Chef gesagt, man müsse wieder dahingehen, wo es „brodelt, riecht und stinkt“. Als VDA-Präsident wäre er dann am Ziel, sagte Kindler.
Nun kam es anders. Neben ihm wurde vor allem die ehemalige Staatsministerin Hildegard Müller (CDU) gehandelt. Die langjährige Merkel-Vertraute hatte von 2008 bis 2016 die Geschäfte des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) geführt und war dann zur RWE-Tochter Innogy ins Ruhrgebiet gewechselt.
Gabriel hatte sein Bundestagsmandat zum 1. November abgegeben. Diesen Schritt hatte er damals damit begründet, „dass ich mit 60 Jahren jetzt noch einmal die Chance habe, etwas Neues anzufangen“. Derzeit ist Gabriel zudem Vorsitzender der Atlantik Brücke zur Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen sowie Autor der Holtzbrinck Gruppe, in der auch der Tagesspiegel erscheint.