Politik: Steffen Heitmann gibt auf: Der sächsische Justizminister tritt zurück, und um Kurt Biedenkopf wird es einsam (Kommentar)
Wenn einer einen Hut aufsetzt, der zu groß ist, dann darf er sich nicht wundern, wenn der Hut ins Gesicht rutscht." Mit diesem Satz hat vor sieben Jahren ein Kabinettskollege des sächsischen Justizministers Steffen Heitmann dessen Rückzug von der Kandidatur zum Bundespräsidenten kommentiert.
Wenn einer einen Hut aufsetzt, der zu groß ist, dann darf er sich nicht wundern, wenn der Hut ins Gesicht rutscht." Mit diesem Satz hat vor sieben Jahren ein Kabinettskollege des sächsischen Justizministers Steffen Heitmann dessen Rückzug von der Kandidatur zum Bundespräsidenten kommentiert. Heitmann hatte sich damals vor allem mit unangemessenen Äußerungen zur Ausländer- und Asylpolitik unmöglich gemacht und sich in die Nähe des Rechtspopulismus gerückt. Zu Recht zog er damals die Konsequenz, wenn auch zu spät.
Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf hatte Heitmann für die Kandidatur vorgeschlagen, als die CDU einen Ostdeutschen für das höchste Amt im Staat wollte. Es sollte eine Symbolgeschichte für das Zusammenwachsen werden. Heitmann machte das zunichte. Mit welcher Verve sich westdeutsche Kritiker damals auf den kaum widerstandsfähigen Heitmann stürzten, war aber ebenfalls bemerkenswert. Nun ist Heitmann wieder zurückgetreten. Wieder zu Recht. Immerhin nicht zu spät. Aber er hat in unzulässiger Weise gehandelt, als er einem Parteifreund über ein Verfahren gegen einen Parteifreund Mitteilungen machte. Und er hat sich wieder so ungeschickt verhalten wie vor sechs Jahren.
Biedenkopf, dessen Rückzug sich die ungeduldige zweite Reihe schon seit längerem wünscht, ist mit Heitmanns Rücktritt zweifellos getroffen. Immerhin hat er seinen Justizminister nach der Bundespräsidentschaftspanne gnädig behandelt und im Amt gehalten. Dass das gelang, hatte viel mit Biedenkopfs Autorität zu tun. Dass Heitmann nun trotz inständiger Bitten von Kabinettskollegen geht, lässt weitergehende Rückschlüsse zu; dass Männer der zweiten Reihe im Fall Heitmann schnell und vernehmlich gehandelt haben, ebenfalls.
Zu den Aspekten mit etwas bitterem Nachgeschmack an dieser Rücktrittsaffäre gehört wie schon 1993 das Biographische. Heitmann war kein typischer Justizminister - und der leise Verdacht besteht, dass eben das zu den Gründen gehört, weshalb der Rücktritt zu Stande kam. Heitmann hatte nicht den Stallgeruch, den die Justiz offenbar von "ihrem" Minister erwartet. Heitmann war Kirchenjurist aus der DDR. Kein westdeutscher Volljurist. Für viele Richter und Staatsanwälte ein Unding, weil sie nicht einen vom Parlament bestellten "branchenfremden" Politiker an der Spitze des Ministeriums erwarten, sondern einen der Ihren. Das wird gern mit dem schönen deutschen und so völlig unparlamentarischen Begriff "Fachminister" umschrieben. Biedenkopf hat auch am Dienstag ausdrücklich hervorgehoben, dass Heitmann als Ostdeutscher eine Ungewöhnlichkeit im Amt war.
Ein Seitenhieb, der auch darauf aufmerksam macht, dass Biedenkopf - im Gegensatz zum Thüringer Amtskollegen Bernhard Vogel - Pech beim Aufbauen möglicher Nachfolger mit Ost-Biografie hatte: Ex-Innenminister Heinz Eggert stolperte über Affären, der Partei- und Fraktionschef Fritz Hähle wegen seiner Hilflosigkeit im Umgang mit den Wettbewerbern. Biedenkopfs Nachfolger (als Favorit gilt Finanzminister Georg Milbradt) wird gut daran tun, den Eindruck zu verwischen, ausgerechnet in der ach so selbstbewussten und eigenständigkeitsseligen sächsischen CDU sei der Einfluss von Politikern westdeutscher Herkunft dominierend. Im Kabinett ist das in den wichtigen Ressorts schon so: Milbradt ist aus dem Westen gekommen, der Wirtschaftsminister, der Innenminister, der Staatskanzleichef. Demnächst auch der Justizminister?
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