Ferguson nach Tod von Michael Brown: Staatsanwalt kündigt juristische Aufarbeitung an
In Ferguson stellt sich der Staatsanwalt von Missouri, Chris Koster, den Protestierenden und kündigt die juristische Aufarbeitung der Tötung von Michael Brown an. Das trug zu Entspannung bei.
Bis Mitternacht zogen die Demonstranten in Kreisen die West Florissant Avenue auf und ab. Polizeiwagen mit Blaulicht waren an zwei Kreuzungen in Ferguson, Missouri stationiert. Dazwischen klangen bis tief in die Nacht die Rufe „Hands up. Don‘t shoot!“ (Hände hoch, nicht schießen!). Obwohl am Mittag ein weiterer junger Schwarzer am Rand von St. Louis durch Polizeikugeln gestorben war, blieb die Nacht zehn Tage nach dem Tod von Michael Brown hier zunächst friedlich.
Ausreichend junge Männer, die ihren Hunger auf Randale nur schwer verbergen konnten, hatten sich auf verschiedenen Parkplätzen oder vor kleinen Läden versammelt. Kurzzeitig lag auch starke Spannung in der Luft, als gegen zehn Uhr vor einem Burgerladen Fäuste zwischen zwei Männern flogen. Die selbsternannten zivilen „Peacekeeper“ in ihren schwarzen T-Shirts riefen die Demonstranten in der Nähe schon auf: „Geht nach Hause“. „Vertraut uns, es ist Zeit, nach Hause zu gehen.“ Jungs mit Halstüchern vor Mund und Nase riefen fast stolz in die Menge: „Frauen und Kinder nach Hause“. Ein kleiner Trupp von Polizisten ging in die Auseinandersetzung, nahm die beiden Männer fest. Aber obwohl das der Punkt hätte sein können, an der die Situation kippt, die Eskalation fand nicht statt.
Polizist, der Michael Brown erschoss, soll nicht straffrei bleiben
Pünktlich um Mitternacht wurde es kritisch. Die meisten friedlichen Demonstranten waren längst nach Hause gegangen, dann flog eine Wasserflasche. Menschen begannen zu rennen. Erst in die eine, dann in die andere Richtung. Die Polizei reihte sich massiver an den Rändern der Straßen auf, die Riot-Ausrüstung angelegt, Helme aufgesetzt
Aber das Eingreifen von friedlichen Protestierern konnte auch dann noch das Umkippen verhindern. Den ganzen Abend waren viele Pfarrer und Gemeinde-Aktivisten bemüht, erstmals wieder den friedlichen Protest dominieren zu lassen. Und das, obwohl die martialische Ausrüstung einiger Polizeieinheiten die Stimmung deutlich anheizte. Bis kurz nach Mitternacht hält die Ruhe.
Zur Entspannung beigetragen hat sicher das Auftauchen des Staatsanwalts von Missouri, Chris Koster, am Abend. Kurz nach halb neun Uhr stellte er sich in die Menge auf der West Florissant Avenue und kündigte an, dass die Gand Jury am Mittwochmorgen um neun Uhr Ortszeit mit der Beweisaufnahme zur Untersuchung der Polizeischüsse beginnen werde. Auch eine Afro-Amerikanerin gehöre zu dieser Jury. Er bete dafür, „dass die Jury gute Arbeit leisten wird“, sagte Koster. Unablässig haben die Bewohner Fergusons wie Bürgerrechtsgruppen gefordert, dass der Polizist, der Michael Brown erschossen hat, nicht ohne Bestrafung davon kommt.
Amerika scheint in der Wahrnehmung all dessen geteilt. Eine Studie des Pew-Forschungsinstituts zeigt, dass zwar 80 Prozent der schwarzen Amerikaner sagen, die Schüsse in Ferguson hätten wichtige Fragen der Rassenungerechtigkeit an die Oberfläche gebracht. Unter den weißen Amerikanern sind es allerdings nur 47 Prozent. 65 Prozent der Afro-Amerikaner meinen, die Polizei habe gegen die Proteste überreagiert, nur 33 Prozent der Weißen sehen das ebenso. Und während 52 Prozent Weiße einer unabhängigen Untersuchung vertrauen, sind es gerade mal 18 Prozent der schwarzen Bevölkerung der Vereinigten Staaten.
Am Mittwoch wird US-Justizminister Eric Holder, gleichermaßen als Abgesandter von US-Präsident Barack Obama, in St. Louis erwartet. Er wird sich mit FBI-Agenten treffen, die an einer Untersuchung beteiligt sind. Auf Holgers Agenda steht auch eine mögliche Untersuchung der Polizeipraxis in Ferguson generell. Schon im Jahr 2009 hatte die offenbar ungerechtfertigte Misshandlung eines schwarzen durch vier Polizisten die Behörde in ein ungünstiges Licht gerückt.