Razzia wegen Kinderpornografie: Staatsanwalt Hannover wollte keine Sonderbehandlung für Edathy
"Alle durchsuchen oder niemanden" - das war die Maxime der Staatsanwaltschaft Hannover in den Ermittlungen zu Kinderpornografie, um eine Sonderbehandlung Sebastian Edathys zu vermeiden. Ob der Politiker vor der Razzia gewarnt wurde, ist noch unklar.
Die Staatsanwaltschaft Hannover wollte bei ihren Kinderporno-Ermittlungen gegen zahlreiche Verdächtige eine Sonderbehandlung für den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy vermeiden. Das stellte sich am Donnerstagabend im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Edathy-Affäre heraus.
Eine Beamtin des Bundeskriminalamts sagte, der Staatsanwalt habe sie gebeten, ihm möglichst rasch die Akten zu allen 16 Verdächtigen aus Niedersachsen zukommen zulassen, die grenzwertige Aufnahmen nackter Kinder und Jugendlicher gekauft haben sollen. Grund für diese Bitte sei gewesen, dass der Staatsanwaltschaft damals beschlossen habe, „entweder bei allen durchsuchen zu lassen oder bei niemandem“. Die BKA-Beamten hatten im September 2011 erstmals erfahren, dass in einem kanadischen Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie auch Deutsche in Verdacht geraten waren - darunter der damalige Abgeordnete Edathy. Der Ausschuss soll herausfinden, wer alles über den Verdacht informiert wurde.
Der Untersuchungsausschuss soll in erster Linie herausfinden, wer ab Oktober 2013 alles über den Verdacht gegen Edathy informiert wurde.
Es geht auch darum, ob Edathy möglicherweise von Parteigenossen vor einer Durchsuchung gewarnt worden war. Die Ausschussmitglieder wollen deshalb zunächst klären, ob es möglich sein könnte, dass Edathy einen Tipp aus den Kreisen von Polizei oder Staatsanwaltschaft erhalten haben könnte. Der Ausschuss vertagte am Donnerstag die Entscheidung darüber, ob und wann Edathy selbst als Zeuge geladen werden soll. Der Ex-Abgeordnete war im vergangenen Februar abgetaucht. Er hatte später jedoch angedeutet, er sei bereit, vor dem Ausschuss auszusagen. (dpa)
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