zum Hauptinhalt
Auf diesem Bild ist deutlich zu sehen, dass die Staatschefs in einer gesonderten Gruppe geführt werden.
© AFP

Trauermarsch in Paris: Staatenlenker posierten nicht in Seitenstraße

Das Foto der Spitzenpolitiker, die Hand in Hand in Paris für die Freiheit marschierten, ist jetzt schon historisch. Nun gibt es aber Verwirrung um das Bild.

Presseberichte haben Verwirrung um das Foto der Spitzenpolitiker ausgelöst, die am Sonntag beim Trauermarsch für die Opfer der Terroranschläge von Paris mitgelaufen sind. Die Aufnahme zeigt Angela Merkel, François Hollande und zahlreiche weitere Politiker Hand in Hand, es gehört schon heute zu den eindruckvollsten Bildern des Jahres, auch der Tagesspiegel hat es auf seiner Titelseite abgedruckt. Das Bild suggeriert, dass die Politiker die 1,5 Millionen Demonstranten anführen. „The Independent“ sowie weitere britische und französische Medien berichteten dagegen am Dienstag, dass die Staatenlenker abgetrennt in einer Seitenstraße posiert und sich danach sofort zerstreut hätten.

Hier sieht es hingegen aus, als würden die Staatenlenker die gesamte Straße ausfüllen. Dass sie den Protest anführen, könnte da leicht angenommen werden.
Hier sieht es hingegen aus, als würden die Staatenlenker die gesamte Straße ausfüllen. Dass sie den Protest anführen, könnte da leicht angenommen werden.
© AFP

Christian Röwekamp, Sprecher der dpa, die das Foto wie viele andere Nachrichtenagenturen verbreitet hatte, hat diesen Darstellungen gegenüber dem Tagesspiegel widersprochen. Die Politiker seien auf der gleichen Route unterwegs gewesen wie die ihnen nachfolgenden Menschenmassen. „Aus Sicherheitsgründen“ sei allerdings eine Lücke zwischen den Politikern und den 1,5 Millionen Menschen gelassen worden. Die Präsidenten und Minister hätten mit etwa 250 Meter eine verkürzte Wegstrecke absolviert, erklärte ein bei dem Marsch anwesender Fotograf. Die Spitzenpolitiker seien „der zweite Wall“ gewesen, die erste Gruppe hätten Angehörige der Terroropfer gebildet, die dritte französische Lokalpolitiker. Nach ihnen liefen die 1,5 Millionen Demonstranten.

Merkel wegretuschiert

Eine wirklich ungewöhnliche Version des Bildes druckte indes die ultraorthodox-jüdische Zeitung "HaMevasser" (Der Wegbereiter) gedruckt wurde. Dort scheinen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und weitere Politikerinnen in Luft aufgelöst zu haben. Dem strikten Gebot folgend, dass Frauen nicht abgebildet werden dürfen, um weltliche Gelüste der Strenggläubigen im Zaum zu halten, wurde das Foto kurzerhand retuschiert.

Das ist in Printprodukten, die sich in Israel an ultraorthodoxe Leser wenden, nicht unüblich. Meistens hilft aber schon die Bildauswahl oder der gewählte Ausschnitt. Das war beim emblematischen Foto aus Paris nicht möglich. Zu zentral standen die deutsche Regierungschefin, die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo oder etwa die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini inmitten der weltlichen Repräsentanten dieser Erde.

Im Bild bleiben durften dagegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und neben ihm sein Leibwächter. Beide waren vom Protokoll zunächst eigentlich in die zweite Reihe postiert worden. Zu Protesten und sogar Steinwürfen kommt es in den Jerusalemer Wohnvierteln der Strenggläubigen immer wieder, wenn auf Linienbussen Reklame mit weiblichen Abbildungen zu sehen ist. Dabei spielt keine Rolle, wie züchtig die Frauen auf den Postern gekleidet sind. mit AFP

Zur Startseite