Newsblog zu "Panama Papers": SPD will Dringlichkeitsantrag wegen BayernLB stellen
Islands Premier will nun doch nicht endgültig zurücktreten. Entwicklungsminister Müller fordert eine Transaktionssteuer für Finanzgeschäfte. Die Ereignisse im Newsblog.
"Panama Papers": Ein Datenleck bei der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama bringt weltweit Spitzenpolitiker, Sportstars und andere Prominente in Erklärungsnot. Sie sollen mittels 215.000 Briefkastenfirmen, die die Kanzlei verwaltet, Geldgeschäfte in Milliardenhöhe abwickeln. Die Kanzlei weist die Vorwürfe zurück. Politiker fordern härtere Gesetze. Lesen Sie hier die Entwicklungen des Tages.
+++ SPD fordert Aufklärung von Söder: Nach den Enthüllungen über die sogenannten "Panama-Papers" hat die SPD in Bayern Landes-Finanzminister Markus Söder (CSU) ins Visier genommen. Im bayerischen Landtag will die SPD am Donnerstag in einer Dringlichkeitssitzung an Söder 30 Fragen zu den Briefkastenfirmen der Bayerischen Landesbank in Panama stellen. "Herr Söder muss rückhaltlos und schnellstens aufklären, sonst ist auch ein Untersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen", erklärte Rinderspacher.
Die zum größten Teil staatliche BayernLB gehört zu den vielen deutschen Banken, die in Panama über die Finanzkanzlei Mossack Fonseca Briefkastenfirmen eingerichtet haben sollen. Rinderspacher erklärte, als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Bank sei Söder unmittelbar für die Kontrolle der Geschäfte zuständig gewesen. Dass er nichts von den Briefkastenfirmen gewusst haben wolle, sei unglaubwürdig.
Auch die Freien Wähler kündigten für Donnerstag einen Dringlichkeitsantrag im bayerischen Landtag an. Söder müsse sich um Transparenz kümmern, erklärte der Landesbank-Experte der Freien Wähler, Bernhard Pohl.
+++ "Ein perfektes Sicherheitsniveau für Banken gibt es nicht": Die Banken müssen nach Meinung des Bankexperten Hans-Peter Burghof in der Panama-Affäre nur in Einzelfällen mit Strafen rechnen. "Man kann fragen, ob das moralisch richtig ist, aber rechtlich kann man den Banken deshalb nichts an Zeug flicken", sagte Burghof dem Tagesspiegel (Donnerstagausgabe) zur massenhaften Vermittlung von Briefkastenfirmen an Bankkunden. Man müsse jeden einzelnen Fall anschauen, sagte der Professor für Bankwirtschaft an der Uni Hohenheim. "Was die Politik nicht versteht: Die Banken können nicht ausschließen, dass der Kunde sie missbraucht. Ein perfektes Sicherheitsniveau gibt es nicht", betonte der Experte. Schuld an den krummen Geschäften, die sie jetzt aufgedeckt worden sind, seien nicht allein die Banken, meint Burghof. Auch die Politik habe versagt und die Unternehmen. "Wir schaffen es nicht, unsere Marktwirtschaft globalisierungstauglich zu machen. Große Konzerne werden immer größer, weil sie kaum Steuern zahlen. Wie soll etwa ein regionales Möbelhaus gegen Ikea konkurrieren?", kritisierte der Bankenexperte.
+++ Poroschenko wehrt sich gegen Vorwürfe: Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko weist den Verdacht der Steuerhinterziehung über eine Briefkastenfirma in Panama von sich. Er habe die Gesellschaft in dem mittelamerikanischen Land aufgesetzt, um seine geschäftlichen von seinen politischen Interessen zu trennen, sagte Poroschenko am Mittwoch. Er habe die Offshore-Firma aufgesetzt, nachdem er zum Präsidenten gewählt worden sei.
+++ Befürworter und Gegner des Verbots von Briefkastenfirmen: Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert ein weltweites Verbot der undurchsichtigen Finanzkonstruktionen. "Ich bin für ein weltweites Verbot von Briefkastenfirmen. Geld muss an Namen und Firmen gebunden sein", sagte Müller der "Rheinischen Post" vom Mittwoch. "Briefkastenfirmen sind die schmutzige Seite des Kapitals." Dem widersprach der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Michael Kemmer. Er warnte am Mittwoch im Deutschlandfunk vor einem generellen Verbot von Briefkastenfirmen. "Steuerhinterziehung und Geldwäsche - das geht überhaupt nicht", sagte Kemmer. Allerdings gebe es Zwecke von Briefkastenfirmen, "die völlig legal sind und auch nichts mit dunklen Geschäften zu tun haben". Kemmer begrüßte die Pläne von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) für ein "Transparenzregister" für Briefkastenfirmen.
+++ Panama kommt wieder auf "schwarze Liste": Frankreich will den mittelamerikanischen Staat wieder auf die Schwarzen Liste der Steuerparadiese setzen. Panama habe versucht glauben zu machen, wichtige internationale Prinzipien beachten zu können, kritisierte Finanzminister Michel Sapin am Dienstagabend in der Nationalversammlung. Deswegen sei es 2012 von der Liste genommen worden.
+++ Grünen-Politiker Schick zweifelt an Moral der Banken: Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, will mehr Strenge gegenüber Banken. „Immer wieder kommen neue Verbindungen der Banken zu kriminellen Geschäften ans Licht, jetzt die Vermittlung von Briefkastenfirmen", sagte er dem Tagesspiegel. "Offenbar fällt es den deutschen Banken sehr schwer, unmoralische Angebote abzulehnen. Wir werden mit härteren Strafen nachhelfen müssen.“
+++ Verwirrung in Island: Der durch die „Panama-Papers“ in die Kritik geratene isländische Ministerpräsident David Gunnlaugsson will sein Regierungsamt doch nicht endgültig aufgeben. In einer Pressemitteilung, die sein Büro am Dienstagabend verbreitete, hieß es: „Der Ministerpräsident ist nicht zurückgetreten und wird weiterhin als Vorsitzender der Fortschrittspartei tätig sein.“ Er habe nur vorgeschlagen, dass sein Stellvertreter Ingi Jóhannsson das Regierungsamt vorübergehend übernehme.
Zuvor hatte die Fortschrittspartei mitgeteilt, dass David Gunnlaugsson seinen Rücktritt als Regierungschef angeboten habe. Sein Name war im Zusammenhang mit den Berichten über Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen aufgetaucht.
+++ "Charlie Hebdo" titelt "Je suis Panama": „Je suis Panama“ - Die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ titelt nach den Berichten zu Offshore-Geschäften in Panama mit einer Karikatur empörter Reicher. Unter der Überschrift „Steuer-Terrorismus“ lässt das Blatt auf der Titelseite der am Mittwoch veröffentlichten Ausgabe Zigarre rauchende Vermögende gegen das Datenleck zu Finanzgeschäften mit Briefkastenfirmen demonstrieren.
Sie tragen Schilder mit den Parolen „Ich bin Panama“, „Keine Angst“ und „Sie werden unseren Lebensstil nicht ändern“ - Schlagworte, die an die Solidaritätsbekundungen nach dem Mordanschlag auf „Charlie Hebdo“ erinnern.
Islamistische Terroristen hatten Anfang des vergangenen Jahres beim Angriff auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ und bei ihrer anschließenden Flucht zwölf Menschen erschossen. Auch die prominentesten Karikaturisten des Blattes wurden ermordet. Der Slogan „Je suis Charlie“ („Ich bin Charlie“) wurde anschließend international zu einem Zeichen der Solidarität.
+++ Minister Müller für Transaktionssteuer: Nach den Enthüllungen der "Panama Papers" fordert Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) die Einführung einer weltweiten Transaktionssteuer. „Eine Transaktionssteuer auf den weltweiten computergesteuerten Hochgeschwindigkeitshandel könnte ein Finanzausgleichssystem von Superreich zu Arm finanzieren“, sagte der Minister der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Schon ein Satz von 0,01 Prozent auf diese Transaktionen würde ausreichen, um eine dreistellige Milliardensumme für einen UN-Fonds zu erzielen.“
Zugleich forderte er ein weltweites Verbot von Briefkastenfirmen. „Geld muss an Namen und Firmen gebunden sein“, sagte der CSU-Politiker: „Briefkastenfirmen sind die schmutzige Seite des Kapitals.“
+++ Kanzlei holt zum juristischen Gegenschlag aus: Die in den „Panama Papers“ beschuldigte Kanzlei Mossack Fonseca geht strafrechtlich gegen die Verantwortlichen des Datenlecks vor. „Niemandem gefällt es, bestohlen zu werden“, teilte ein Sprecher der Kanzlei der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag auf Anfrage mit. „Wir werden unser Möglichstes tun, um die Schuldigen zu bestrafen.“
Mossack Fonseca geht davon aus, dass der Kanzlei-Server gehackt wurde. „Ein Hackerangriff ist eine Straftat. Ein schweres Verbrechen, das mit Gefängnis bestraft wird“, sagte Kanzlei-Teilhaber Ramón Fonseca Mora in einem Interview des Fernsehsenders Telemetro.
Die Kanzlei habe in Panama bereits Strafantrag gestellt, sagte die Chefin der Rechtsabteilung, Sara Montenegro. „Das müssen wir tun, um unsere Kunden zu verteidigen, die auf die eine oder andere Weise betroffen sind.“
Mossack Fonseca meint zu wissen, wer hinter dem Datendiebstahl steckt. „Wir haben einen Verdacht. Wir können dazu aber nicht mehr sagen, weil wir keine Beweise haben“, sagte Fonseca Mora. Auf die Frage, ob er glaube, dass es ein Insider-Job war, antwortete er: „Ich weiß nicht. Ich glaube nicht.“
+++ Welche Länder und welche Personen sind von den Enthüllungen betroffen? Hier eine Übersicht.
+++ Schulz schockiert von Ausmaß: EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sieht die Dimension der Enthüllungen durch die „Panama Papers“ als „schockierend“ an. Allerdings sei das grundsätzliche Problem bereits seit Jahren bekannt gewesen, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. In den vergangenen Jahrzehnten habe sich auf legale Weise durch „zügellose Liberalisierung“ ein professionelles System der Steuervermeidung, der Geldwäsche und Steuerhinterziehung gebildet. „Da müssen wir entschlossener ran“, sagte der SPD-Politiker.
Er forderte einen entschlossenen Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerbetrug innerhalb der EU. „Es geht nicht, dass beispielsweise die USA, nur weil sie energischer Druck machen, sowohl EU-Mitgliedstaaten als auch Drittstaaten zwingen können, wichtige Kontendaten den Behörden zugänglich zu machen, um so für mehr Steuertransparenz und -gerechtigkeit zu sorgen, während wir das innerhalb der EU nicht hinbekommen, weil einige Mitgliedstaaten das hintertreiben.“ Die Steuerausfälle durch diese Praktiken würden europaweit auf eine Billion Euro pro Jahr geschätzt.
+++ Panama wehrt sich gegen Kritik: Panama hat die Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Zusammenhang mit den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen als "unfair und diskriminierend" zurückgewiesen. In einem Brief an OECD-Generalsekretär José Ángel Gurría schreibt der Vizeaußenminister Panamas, Luis Miguel Hincapié, die "Unrichtigkeit" der Vorwürfe Gurrías, Panama sei die letzte große Bastion für Steuerflüchtlinge, sei "leicht" zu beweisen.
Gurría hatte am Dienstag nach einem Treffen mit den Vorsitzenden internationaler Wirtschafts- und Finanzorganisationen in Berlin, an dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahm, gesagt, der Skandal biete die Möglichkeit, "Druck auszuüben auf Panama, damit sich Panama den anderen Staaten der Welt anschließt und auf dem Weg der Transparenz Fortschritte macht".
Das mittelamerikanische Land hinke im internationalen Vergleich "sehr weit hinterher", sagte der OECD-Generalsekretär. Unter anderem weigere sich Panama, dem automatischen Informationsaustausch beizutreten, an dem sich im kommenden Jahr mehr als 90 Länder beteiligen wollen. (mit Agenturen)
Die Ereignisse vom Dienstag können Sie hier nachlesen.