Der linke Nichtwähler: SPD und Linkspartei schöpfen ihre Potenziale nicht aus
Die Linkspartei will eine radikale Umverteilung. So steht es im Entwurf ihres Programms zur Bundestagswahl. Derzeit aber hat sie eine Mobilisierungsschwäche - wie auch die SPD.
„100 Prozent sozial“ heißt der Titel des Forderungskatalogs, mit dem die Linkspartei in den Bundestagswahlkampf ziehen will. Eine stärkere Besteuerung großer Vermögen und Einkommen soll jährlich 180 Milliarden Euro einbringen. Am Mittwoch präsentierten die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger den vom Parteivorstand gebilligten Entwurf.
„Viele teilen mit uns das Unbehagen an einer Gesellschaft, in der sich riesige Reichtümer in den Händen weniger häufen“, sagte Riexinger. Kipping machte es konkret: Manche Einkommen seien einfach „sittenwidrig“, sagte sie – und nannte als Beispiel Bahn-Chef Rüdiger Grube („bestimmt ein fleißiger Mann“), der das 86-fache eines Zugbegleiters im Nachtzugverkehr verdiene. „Die großen sozialen Fragen“ würden von der Linken angesprochen, so die Parteivorsitzende. Der Entwurf des Wahlprogramms hat 86 Seiten. Er soll in den nächsten Wochen auf Regionalkonferenzen debattiert und dann im Juni auf einem Parteitag in Dresden verabschiedet werden.
Doch wie das Programm auch aussehen wird – die Linken haben derzeit Probleme, ihr Potenzial auszuschöpfen. Die Demoskopin Renate Köcher vom Institut für Allensbach schrieb in der „FAZ“, die Unterstützung für die Linke sei rückläufig. „Sie hat sich zur Ostpartei zurückentwickelt, verliert aber auch dort an Unterstützung.“ Die Entwicklung der SPD aber nannte Köcher „besonders bemerkenswert“. Zwar seien deren Potenziale aktuell deutlich größer als vor vier Jahren – 39 statt 29 Prozent könnten sich vorstellen, die Partei zu wählen. Die konkreten Wahlabsichten zugunsten der SPD hätten im selben Zeitraum nur um zwei Prozentpunkte zugelegt, von 25 auf 27 Prozent.
Die Meinungsforscher von Forsa ermittelten im Auftrag von ProSiebenSat1, dass besonders viele Nichtwähler links ticken. Wahlskeptiker fühlten sich „überproportional oft“ wirtschaftlich benachteiligt. 26 Prozent der Nichtwähler verorten sich als links, nur elf Prozent als rechts. Bei den Unentschlossenen ist dieses Verhältnis 27 zu zehn.
Linken-Parteimanager Matthias Höhn sagt, man habe 2009 in diesen Gruppen „sehr erfolgreich abgegriffen“, da sei „ein großes Feld, wo wir erhebliches Potenzial haben“. Wahlskeptiker müssten aber jedes Mal neu überzeugt werden. Und wie? „Es gibt nicht die Idee, weil es nicht den Nichtwähler gibt“, sagt Höhn.