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Kanzlerkandidat Martin Schulz und der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius äußern sich zur Sicherheitspolitik der SPD.
© dpa

Kanzlerkandidat Martin Schulz: SPD schwenkt bei Doppelstaatigkeit um

Die SPD will die doppelte Staatsbürgerschaft für Einwanderer der dritten Generation prüfen. In der Vergangenheit hatte sie sich vehement für den Doppelpass ausgesprochen. Die Union wertet diesen Schwenk als unglaubwürdiges Wahlkampfmanöver.

Die SPD weicht ihr Bekenntnis zur doppelten Staatsbürgerschaft auf. Die Partei wolle das Modell eines „Generationenschnitts“ prüfen, sagte Kanzlerkandidat Martin Schulz bei der Vorstellung eines Zehn-Punkte-Papiers zur Inneren Sicherheit am Donnerstag in Berlin. Somit denkt die Partei öffentlich über eine Regelung nach, bei der zwar die hier geborenen Kinder von Einwanderern die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten – deren in Deutschland lebende Kinder, die dritte Generation, aber nicht mehr.

Es ist ein bemerkenswertes Signal: In der Vergangenheit hatte sich die SPD vehement für den Doppelpass ausgesprochen. Der damalige Parteivorsitzende Sigmar Gabriel fand scharfe Worte, als ein CDU-Parteitag im vergangenen Jahr beschloss, die 2014 auf Drängen der SPD eingeführte doppelte Staatsbürgerschaft wieder aufheben zu wollen. Weil aber auch Kanzlerin Angela Merkel den Parteitagsbeschluss ablehnte, ist in der CDU mittlerweile ein Kompromiss im Gespräch: nämlich der „Generationenschnitt“, ebenjenes Konzept, über das nun auch die SPD nachdenkt.

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius, der im Wahlkampf künftig „das Gesicht der sozialdemokratischen Innenpolitik“ sein soll, verteidigte den Schritt. Dieser stelle keinen Gegensatz zur bisherigen Position der SPD dar: Schließlich sei seine Partei nach wie vor gegen den Optionszwang – also die Pflicht, sich für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden. „Man muss sich dieser Frage ideologiefrei nähern.“

Auch innerhalb der SPD gibt es Kritik

Die Union wertet den SPD-Vorstoß dagegen als unglaubwürdiges Wahlkampfmanöver. „Die letzten Jahre blockieren und hinterherhoppeln und jetzt das Thema Innere Sicherheit neu entdecken, das ist unglaubwürdig und einfach panisch“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer dem Tagesspiegel. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn begrüßte zwar im Prinzip die Ankündigung, einen „Generationenschnitt“ bei der Doppel- Staatsbürgerschaft zu prüfen. „Es ist gut, dass die SPD endlich zur Vernunft kommt und erkennt, dass der Dauer-Doppelpass die Integration erschwert“, sagte Spahn. „Allerdings sind und bleiben CDU und CSU hier das Original.“

Auch innerhalb der SPD gibt es Kritik. „Die Debatte um Mehrstaatigkeit, angestoßen durch eifrige Rechtsaußen-Konservative wie Jens Spahn im Schulterschluss mit den Rechtspopulisten, muss man nicht wirklich weiter füttern“, sagte Aziz Bozkurt, der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD. Zudem irritiere die Vermischung von Sicherheitspolitik und Doppelpass. Bozkurt fordert „ohne Wenn und Aber die generelle Hinnahme der Mehrstaatigkeit auch bei Einbürgerungen“.

Die Vorsitzende der Jusos, Johanna Uekermann, hält die Debatte ebenfalls für absolut unnötig. „Teilhabe und Integration bringt man nicht voran, indem man späteren Generationen den Doppelpass wegnimmt“, sagte sie. Stattdessen fordert Uekermann Erleichterungen bei der Einbürgerung – etwa die Aufenthaltsdauer für die Einbürgerung von acht auf fünf Jahre herabzusetzen.

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