Kampfansage an rechte Populisten: SPD beschließt Europa-Wahlprogramm
Katharina Barley, SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, will mit sozialen Themen punkten. Dazu gehört etwa der europaweite Mindestlohn.
Die SPD geht mit der Forderung nach einem sozialeren Europa und einem gerechteren Steuersystem in den Wahlkampf für das neue Europäische Parlament. Der Europakonvent der Sozialdemokraten beschloss am Samstag in Berlin einen europaweiten Mindestlohn und höhere soziale Standards für die gesamte Europäische Union. Zudem spricht sich die SPD für die konsequente Umsetzung europäischer Klimaschutz-Beschlüsse und eine zivil orientierte europäische Außen- und Sicherheitspolitik aus. Die Wahl findet am 26. Mai statt.
Parteichefin Andrea Nahles attackierte in ihrer Eröffnungsrede unter viel Beifall nicht nur rechtspopulistische Europagegner, sondern auch die konservative Europäische Volkspartei (EVP) und die CDU. „Die SPD werde mit Herzblut für Europa kämpfen", sagte die SPD-Politikerin. „Ich glaube fest daran, dass die Hetzer und ewig Gestrigen nicht durchkommen. Unsere Werte sind stärker". Das Entscheidende für Europa sei, den Menschen wieder zum Maß der Dinge zu machen, indem die sozialen Schutzsysteme auf EU-Ebene gestärkt würden.
Gefahr droht auch von den "Lauen"
Von rechtspopulistischen Politikern lasse sich die SPD „dieses Europa nicht kaputtreden", kündigte Nahles an. Allerdings werde der Zusammenhalt in Europa nicht nur von Rechtspopulisten gefährdet, sondern auch von den „Lauen“. Damit gemeint seien diejenigen, „die Europa vor allem durch die innenpolitische Brille betrachten“. Namentlich nannte Nahles die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. „Wir brauchen nicht die Lauen", sondern „Europäerinnen und Europäer mit Herzblut", sagte Nahles und lobte in diesem Zusammenhang die SPD-Spitzenkandidaten Katarina Barley und Udo Bullmann.
Die SPD-Chefin bekräftigte ihre Absage an Rüstungsexporte für Saudi-Arabien. „Solange im Jemen Wochen für Wochen Menschen sterben und Kinder hungern, solange Saudi-Arabien weiter Kriegspartei ist, solange darf es keine weiteren Waffenlieferungen aus Deutschland geben“, sagte sie. Auch die EU solle diesen Prinzipien folgen. „Wir wollen eine restriktive Rüstungsexportpolitik, und wir wollen keine europäischen Waffen in Kriegs- und Krisengebieten“, meinte sie. Das Europaprogramm der SPD spricht sich zudem für eine europäische Armee aus, die nach deutschen Modell vom europäischen Parlament kontrolliert werden soll.
Barley will die Digitalsteuer
„Die gute Nachricht ist, die Menschen sind total bereit für diese Europawahl“, sagte Katarina Barley: „Die Menschen begreifen, dass dies eine Europawahl ist wie nie zuvor, das ist eine Richtungswahl.“ Die Spitzenkandidatin warb dafür, „menschenunwürdigen Zustände“ wie die Ausbeutung von Paketzustellern durch einen europäischen Mindestlohn zu bekämpfen. Dieser soll nach dem Willen der SPD 60 Prozent des mittleren Einkommens des jeweiligen Landes ausmachen. Zudem will die SPD in der EU eine stärkere Mitbestimmung der Arbeitnehmer durchsetzen.
Bei der Besteuerung werde die SPD Digitalunternehmen „an die Kandare“ nehmen, versprach sie: „Wenn die Buchhändlerin an der Ecke jeden Monat brav ihre Steuern zahlt, dann gilt dies auch für Amazon, Google und all die anderen, verdammt noch mal!“ Auf Druck des Landesverbandes NRW hatte die Antragskommission den ursprünglichen Programmentwurf verschärft. Nun will die SPD eine globale Mindestbeteuerung und eine Digitalsteuer zunächst im Rahmen der OECD umsetzen. Sofern dieser Versuch misslingt, soll die Besteuerung auf EU-Ebene vorangetrieben, im Zweifelsfall aber in einer „Koalition der Willigen“ und notfalls auch auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Zudem will die SPD eine europaweite Finanztransaktionssteuer. Die SPD spricht sich grundsätzlich für Urheberrechtsschutz aus, lehnt aber Upload-Filter als Mittel zu dessen Durchsetzung ab.
Keine automatische Unterstützung für Weber
Udo Bullmann, der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (EP) ist, machte deutlich, dass die SPD nach der Wahl im EP nicht automatisch mehr für eine große Koalition mit der EVP zur Verfügung steht. „Deshalb bieten wir an, am Tag nach der Wahl ein großes Rad zu drehen, aber keine Hinterzimmerabsprachen zu treffen“, sagte er: „Dann schauen wir, mit wem wir was realisieren können.“ Hintergrund ist, dass die SPD auch bei einer Mehrheit der EVP die Wahl von deren Spitzenkandidat Manfred Weber zum Kommissionspräsident verhindern will, indem sie mit anderen Parteienfamilien eine Mehrheit zustande bringt.
Vor dem Konvent hatte „Spiegel online" berichtet, dass Martin Schulz, der ehemalige Präsident des Europa-Parlaments, wegen einer Einladungspanne nicht an der Veranstaltung teilnehmen würde. Am Sonnabend sagte Nahles in ihrer Rede, sie habe mit Schulz telefoniert, der leider nicht dabei sein könne. Auch er unterstütze die Europakampagne der SPD „mit Herzblut“.
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