zum Hauptinhalt
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kritisiert die Kampagne #allesdichtmachen als "häufig zu undifferenziert".
© Kay Nietfeld/dpa

„Kritik in den Clips häufig zu undifferenziert“: Spahn verärgert über Medienkritik in #allesdichtmachen-Videos

Jan Josef Liefers hat mit seiner Medienschelte in der Aktion #allesdichtmachen für Aufsehen gesorgt. Nun hat er sich mit Jens Spahn zum Streitgespräch getroffen.

In der Debatte um die Kampagne #allesdichtmachen hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Macher der umstrittenen Videos kritisiert: „Ich finde die Kritik in den Clips teilweise geschmacklos und häufig zu undifferenziert. Etwas anderes ließ der Kunstansatz wohl aber auch nicht zu“, sagt Spahn der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag).

„Die Videos sind professionell gemacht. Ich verstehe aber, wenn manche sie zynisch finden; dass es zum Beispiel für Angehörige beatmeter Patienten verletzend ist, wenn da ein Schauspieler durch Atmen in die Tüte scheinbar ein Beatmungsgerät imitiert“, so Spahn weiter.

Der CDU-Politiker hatte kurz nach Erscheinen der Kampagne beteiligte Künstler zu einem Dialog eingeladen. Mit einem von ihnen, dem Schauspieler Jan Josef Liefers, führt er nun in der Wochenzeitung ein Streitgespräch. „Es ist ja nicht so, dass ich alles, was wir machen, für perfekt halte“, sagt Spahn in dem Gespräch. „Was mich allerdings wirklich stört, ist die vielfach behauptete These, wir hätten in unserem Land gleichgeschaltete Medien, die nur die Regierung beklatschen. Das hat mich auch in Ihrem Video geärgert, Herr Liefers.“

Der Schauspieler erwidert: „Natürlich sind die Videos in ihrer Verkürzung undifferenziert. Und damit natürlich auch zum Teil ungerecht. Das ist aber in diesen kurzen Clips und auf der Ebene von Satire gar nicht anders möglich. Natürlich weiß ich, dass sich viele Journalisten in diesem Land um Neutralität bemühen“, so Liefers.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

„Ich bin in der DDR groß geworden - ich bin damit aufgewachsen, dass es Wind von vorne gibt, wenn man sich zu Politik und Gesellschaft äußert„, sagte der Schauspieler und fügte hinzu: „In der DDR wäre ich für so ein Video wahrscheinlich in den Knast gekommen. Aber auch das, was wir hier erleben, ist nicht schön.“ Heute steckten die Menschen in Meinungsblasen fest, ein echter Austausch finde nicht mehr statt. „Das führt zu einer nahezu totalitären Argumentation, bei der es ums Rechthaben, auch ums Zerstören des anderen Standpunkts geht.“

Schauspieler Jan Josef Liefers beteiligte sich an der Aktion #allesdichtmachen. (Archivbild)
Schauspieler Jan Josef Liefers beteiligte sich an der Aktion #allesdichtmachen. (Archivbild)
© Oliver Berg/dpa

Spahn verwahrt sich gegen Forderungen, die Videos hätten nicht erscheinen dürfen: „Hinter jedem Tod steht ein Schicksal, das berührt. Persönlich halte ich aber nichts davon, den Tod als Argument einzuführen, um Diskussionen zu beenden.“ Die Hysterie in vielen Debatten, die häufig durch Soziale Medien befeuert werde, schade mehr, als sie nutze, so der Minister: „Seit ich den Twitter-Account von meinem privaten Handy gelöscht habe, geht es mir jedenfalls viel besser. Und wirklich Relevantes verpasse ich auch nicht.“

[Mehr zum Thema: „Alles dicht machen“ ist so schäbig, dass es weh tut - ein Kommentar.]

Kritik an der Aktion der Künstler war auch aus dem Gesundheitswesen gekommen. Unter #AllemalneSchichtmachen rief die in Sozialen Netzwerken als „Doc Caro“ bekannte Ärztin Carola Holzner die Schauspieler dazu auf, eine Schicht im Krankenhaus oder im Rettungsdienst zu übernehmen.

„Sie haben eine Grenze überschritten, und zwar eine Schmerzgrenze“, sagt die Leitende Oberärztin am Universitätsklinikum Essen in einem Instagram-Video. Holzner bezeichnet diese Aktion als zynisch und sarkastisch. „In der aktuellen Situation haben, abgesehen von den vielen Erkrankten auf der Intensivstation und in den Krankenhäusern, zynische Diskussionen, Sarkasmus und Ironie, meiner Meinung nach, nichts verloren“, erklärte sie. (KNA)

Zur Startseite