Nach Raketenangriffen in Syrien: Sorge vor militärischem Konflikt zwischen Israel und Iran wächst
In Syrien sind Stützpunkte der Armee und iranischer Milizen mit Raketen angegriffen worden. Machthaber Assad beschuldigt Israel.
Schwere Raketenangriffe in Syrien haben Sorge vor einem direkten militärischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran geschürt. Bei den Attacken am späten Sonntagabend wurden Militärziele in mehreren Teilen des Landes von Raketen getroffen. Dabei wurden der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge mindestens 26 Menschen getötet und 60 weitere verletzt. Verschiedene Staatsmedien äußerten die Vermutung, Israel stecke hinter den Angriffen und habe iranische Stellungen bombardieren wollen.
Das israelische Militär kommentiert derartige Vorgänge grundsätzlich nicht. Der israelische Geheimdienstminister Israel Katz forderte jedoch: „Der Iran muss sich aus Syrien zurückziehen“. Israel habe auf allen Ebenen eindeutig klargemacht, dass es dem Aufbau einer iranischen Front im Norden Syriens nicht zustimmen wird. Man werde „alles unternehmen, was notwendig ist“.
Die meisten Todesopfer am Sonntag gab es laut den Menschenrechtlern bei dem Angriff auf das Hauptquartier der 47. Brigade westlich der Stadt Hama im Zentrum des Landes. In dem bombardierten Gebiet sind auch mit Syrien verbündete iranische Milizen stationiert. Die meisten der Opfer seien Iraner, hieß es von den Menschenrechtlern. Der Iran dementierte über seine Nachrichtenagentur Isna dagegen, dass auch iranische Soldaten getötet worden seien. Isna selbst hatte zuvor unter Berufung auf ausländische Quellen von 18 toten Iranern berichtet.
Stunden vor den Angriffen, die unter anderem auch nahe Aleppo einschlugen, hatte Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman erklärt, die Streitkräfte behielten sich weitere Einsätze in Syrien vor. Israel hat immer wieder betont, es werde keinesfalls dulden, dass sein Erzfeind Iran sich dauerhaft militärisch im Nachbarland Syrien festsetzt. Am Montag sollte das israelische Sicherheitskabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.
Iran ist neben Russlands der wichtigste Verbündete Assads
„Teheran ruft regelmäßig zur Zerstörung Israels auf“, sagte der ehemalige israelische Militärgeheimdienstchef Amos Jadlin der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Tel Aviv. Jetzt baue der islamische Gottesstaat in Syrien noch entsprechende militärische Fähigkeiten aus, zum Beispiel zielgenaue, hochmoderne Raketen, die Israels Luftwaffe bedrohten. „Wenn man eine Absicht erkennt, und den Ausbau der Fähigkeiten, diese Absicht umzusetzen, wird man alles unternehmen, um dies zu verhindern“, sagt Jadlin.
Der Iran ist neben Russland und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al Assad. Der Iran hatte in den vergangenen Monaten seine militärische Präsenz im Land weiter ausgebaut und unter anderem viele Waffen nach Syrien geschickt. Das schiitsche Land finanziert dabei auch die Hisbollah und vermutlich auch etliche lokale Milizen.
Israel hatte in den vergangenen Monaten deshalb immer wieder Angriffe gegen Ziele in Syrien geflogen. So hatten Syrien und seine Verbündeten Israels Luftwaffe für einen Angriff Anfang April verantwortlich gemacht, bei dem Aktivisten zufolge 14 Menschen getötet wurden - darunter 7 Iraner. Teheran drohte mit Vergeltung.
Trump muss am 12. Mai über Sanktionen entscheiden
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu forderte erneut eine Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran. Er sagte am Sonntag nach einem Treffen mit dem neuen US-Außenminister Mike Pompeo: „Ich denke, die größte Bedrohung der Welt und unserer beiden Länder und aller Länder ist die Kombination des militanten Islams mit Atomwaffen, und speziell der Versuch des Irans, nukleare Waffen zu erlangen.“
US-Präsident Donald Trump muss bis zum 12. Mai entscheiden, ob von den USA ausgesetzte Sanktionen gegen den Iran außer Kraft bleiben. Dies wird de facto auch als Entscheidung über den Verbleib der USA in dem Abkommen angesehen. Die Trump-Administration stellt den Atomdeal mit dem Iran von 2016 in Frage.
Teheran hat jedoch mehrfach betont, dass es nicht zu einer Nachverhandlung bereit ist. Am Montag sagte Vizeaußenminister Abbas Araghchi sogar, das Abkommen sei angesichts eines ausbleibenden wirtschaftlichen Aufschwungs in seiner derzeitigen Form nicht mehr tragbar. So sind Großbanken aus Sorge vor möglichen Strafmaßnahmen der USA kaum zur Finanzierung von Handelsprojekten im Iran bereit.
Pompeo unterstreicht Bedeutung der Zusammenarbeit
Pompeo sagte in Israel, eine enge Zusammenarbeit mit Verbündeten wie dem jüdischen Staat sei „entscheidend für unsere Bemühungen, die destabilisierenden und bösartigen Aktivitäten des Irans im Nahen Osten und der ganzen Welt zu bremsen“. Der Iran wolle den Nahen Osten dominieren und Israel habe das „Recht, sich selbst zu verteidigen“.
Ex-Militärgeheimdienstchef Jadlin sieht das Risiko einer direkten und offenen Konfrontation zwischen Israel und dem Iran. Gleichzeitig hält er es für möglich, dass Teheran angesichts des starken Drucks seine Kräfte in Syrien wieder reduzieren könnte. Es gebe auch interne Kritik im Iran an der militärischen Etablierung in Syrien, sagte Jadlin. „Außerdem üben die Russen Druck aus.“ Es sei nicht im Interesse Moskaus, dass die Rettung des syrischen Herrschers Assad durch einen militärischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran gefährdet werde. (dpa)