Kanzlerfrage in der Union: Söder hat die Veto-Macht
Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur wird nicht an die Mitglieder delegiert – soviel hat AKK erreicht. Das hat seinen Preis. Ein Kommentar.
Planwirtschaft ist eigentlich das Letzte, was man von der CDU erwarten würde. Da erstaunt es auf den ersten Blick, welchen Wert Annegret Kramp-Karrenbauer auf ihren Plan für das kommende Jahr legt. Beim letzten Parteitag hat sie ihn offensiv mit der Machtfrage verbunden, bei der Jahresklausur des CDU-Vorstands in Hamburg bekräftigte jetzt die Parteichefin: Der Plan sieht ein neues Grundsatzprogramm vor und die Antwort auf Sachfragen; alles andere kann warten.
Nun gehen Pläne in der Politik selten auf, und Kramp-Karrenbauer hat schon genug davon scheitern sehen, um das zu wissen. Ihr Plan dient denn auch eher als Schutzwall. Er soll sie selbst davor schützen, sich wie im ersten Amtsjahr von Aufreger zu Skandälchen jagen zu lassen, und er soll andere daran hindern, ihr in die Quere zu kommen. Personaldebatten lassen sich ja immer vergleichsweise einfach mit der Formel abwimmeln, sie kämen gerade zur Unzeit.
Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine Plan. Markus Söder dummerweise auch
Das Dumme ist nur: Auch andere haben Pläne. Auf dem von Markus Söder steht eine Kabinettsumbildung. Die CDU – nicht nur die Chefin – hält das für keine nachhaltige Idee: Eine kleine Umbildung unter den CDU-Ressorts bringt nichts; eine große wäre die finale Kampfansage an die Kanzlerin, und das auf bayerisches Betreiben. Kramp-Karrenbauer will lieber ein frisches Team um sich selbst scharen als Angela Merkels letztes Kabinett aufzuhübschen.
Aber zu glauben, der Bayer werde seinen Plan schon irgendwann still wieder begraben, unterschätzt Söders Willen zur Aktion. Und die CDU-Vorsitzende braucht den CSU-Vorsitzenden, damit ihr eigener großer Plan aufgeht.
Sie hat das Zwischenziel erreicht, dass die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union nicht an die Mitglieder delegiert wird. Damit fehlt einem Friedrich Merz die Basis für den zweiten Anlauf zur Macht. Seine Bitte, in einer Mannschaft mittun zu dürfen, trägt dem vielleicht Rechnung.
Die CSU ist in der K-Frage zur Veto-Macht aufgerückt
Aber der Preis für Kramp-Karrenbauer ist, dass die CSU und ihr Chef in der K-Frage quasi in eine Veto-Position aufgerückt ist. Wie stark Söder die selbst einschätzt, zeigt seine ständige Absage an alle eigenen Ambitionen. Das kann sich auch ein Bayern-Fürst eigentlich nur leisten, wenn das Abwinken generös wirkt. Übrigens wird man schauen müssen, ob seine unbedingte Treue zu Bayern anhält, wenn erst einmal die Kommunalwahl im März vorbei ist.
So oder so kann Söder von der CDU-Chefin Entgegenkommen erwarten. Kramp-Karrenbauer nutzt den „Nie wieder“-Schwur nach dem Flüchtlingsstreit, um ihn einzuhegen. Aber ein Nein zum Ministertausch und ein Ja zu einem neuen Wahlrecht, das die CSU ablehnt, wären aus Münchner Sicht schon zwei Unfreundlichkeiten.