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Reiserückkehrer gehen zum Corona-Testzentrum im Flughafen Düsseldorf.
© dpa / Henning Kaiser

Rückkehrende aus Risikogebieten: So soll die Testpflicht funktionieren

Ab Montag sollen Test für Risiko-Rückreisende Pflicht sein. Antworten auf die wichtigsten Fragen

Als Jens Spahn (CDU) am Montagabend verkündete, dass es schon ab kommenden Montag verpflichtende Corona-Tests für Rückkehrer aus sogenannten Risikogebieten geben soll, wusste der Bundesgesundheitsminister die öffentliche Meinung auf seiner Seite. Nach dem Vorstoß von Bayerns Ministerpräsidenten (CSU) Markus Söder dürfte es Spahn auch darum gegangen sein, in der Testpflicht-Debatte als Akteur, nicht als Getriebener zu erscheinen

Doch die Grundlage, die jetzt für Montag angekündigte Verordnung auf dem kurzen Dienstweg verabschieden zu können, legte Spahn bereits im März: mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Wäre es zu Beginn der Coronakrise allein nach Spahn gegangen, hätte er freilich weit mehr Befugnisse bekommen.

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Mit dem Gesetz zum Infektions- und Bevölkerungsschutz wurde damals festgelegt, dass der Bundesminister bei einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ für Einreisende aus vom Robert-Koch-Institut als solchen definierten Risikogebieten anordnen kann, „sich ärztlich untersuchen“ lassen.

Corona-Teststation für Urlaubsrückkehrer am Flughafen Leipzig/Halle
Corona-Teststation für Urlaubsrückkehrer am Flughafen Leipzig/Halle
© dpa / Jan Woitas

Dies wie auch die jetzt geplante Verordnung gilt aber nur während der epidemischen Notlage, die im März vom Bundestag ausgerufen wurde. Der erste Entwurf des Gesetzes sah seinerzeit noch vor, dass die Regierung allein die Notlage feststellt – und auch deren automatisches Ende im März 2021 war im ersten Entwurf nicht vorgesehen. Die von einigen befürchtete Möglichkeit, Menschen zur Impfung gegen Sars-CoV-2 zu verpflichten, ergibt sich aus dem Gesetz indes nicht, auch nicht durch eine Notlage.

Wenige Tage bleiben nun, die Verordnung auszuarbeiten und umzusetzen. Dabei ist jetzt noch nicht einmal klar, wie diese genau aussehen soll. Für die konkrete Umsetzung sind auf jeden Fall die Länder zuständig. Im Bundesinnenministerium, in dessen Zuständigkeit die Kontrollen der deutschen Grenzen zu Land, Wasser und Luft fallen, konnte man noch nicht viel Konkretes erklären, außer dass „derzeit ressortübergreifende Gespräche“ stattfänden.

Vorstoß könnte Gegenwehr auslösen

Vieles deutet darauf hin, dass Spahn weitgehend autonom und nach kurzer Rückversicherung bei den Gesundheitsministern der Länder seinen Vorstoß wagte. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit bei Touristen ohne parlamentarische Behandlung des Themas aufzuheben, dürfte jedenfalls Wasser auf die Mühlen jener Menschen sein, die zu weitgehende Befugnisse des Staates im Zuge der Pandemie beklagen – ohne sich in der Gruppe verschrobener Hygienedemonstranten zu finden.

Ob solche Eingriffe verhältnismäßig sind, wurde im Laufe der Corona-Pandemie schon bei weit weniger schwerwiegenden Maßnahmen erörtert: zum Beispiel bei Spahns Plänen, einen Corona-Immunitätsausweis einzuführen, mit dem Genesene ihre Immunität nachweisen könnten. Spahn machte hier einen Rückzieher und strich den Passus aus einem geplanten Gesetz.

Das bisher geltende Verfahren zur Corona-Testung von Touristen aus Risikogebieten ließ sich durchaus ohne Pflicht durchführen. Bislang nämlich müssen Rückkehrer zwingend in eine zweiwöchige Quarantäne – es sei denn, sie weisen einen negativen Corona-Test vor.

Was droht Verweigerern?

Mit der geplanten Verordnung steht diese Frage im Raum, sonst ergäbe eine Pflicht keinen Sinn. Werden Verweigerer unter den Augen und vor den Handykameras von Mitreisenden in die Testzentren von Flughäfen gezwungen, um sie dann zu testen? Bei der Bundespolizei, die letztlich für die Durchsetzung einer Testpflicht zuständig wäre, dürften derzeit viele Menschen damit beschäftigt zu sein, Konzepte zu entwickeln, um solche Szenen an Flughäfen zu vermeiden.

Vor noch größere Herausforderungen dürfte die Polizei und das Innenministerium aber die Frage stellen, wie man mit den Grenzen umgeht, die per Auto, Bus und Bahn überquert werden. Denn grundsätzlich möglich ist ja die Einreise aus Risikogebieten – zum Beispiel der Türkei – auch auf diesem Weg.

Eine zuverlässige Kontrolle wäre hier eigentlich nur über systematische Grenzkontrollen und wohl auch Befragungen von Ein- und Rückreisenden möglich. Die allerdings lehnte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Dienstag prinzipiell ab.

Wer soll die Tests durchführen?

Der öffentliche Gesundheitsdienst, zuständig für einen Großteil der Tests in Deutschland, sieht sich nicht in der Verantwortung. „Ehrlich gesagt sehe ich diese Aufgabe nicht bei den Gesundheitsämtern“, sagte Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Das sei eine große organisatorische Aufgabe, auf die die Ämter gar nicht vorbereitet wären.

Kritik an der Pflicht selbst übte Teichert nicht. Allerdings verwies sie darauf, dass ein einmaliger Test nur eine Momentaufnahme sei und die Menschen in falscher Sicherheit wiegen könnte. Ähnlich argumentieren auch jene Mediziner, die die Tests letztendlich auswerten und die Befunde erstellen.

Wie viele zusätzliche Tests durch eine entsprechende Pflichtanordnung durchgeführt werden müssten, ist schwer zu prognostizieren. An Testkapazitäten mangelt es in Deutschland nicht: Von den 144 autorisierten Laboren wurden in der vergangenen Woche 493221 Tests durchgeführt. Die Testkapazität liege aktuell fast doppelt so hoch – bei 967400 Tests pro Woche. Erprobte Konzepte für die benötigten Testzentren gibt es bereits.

Am Frankfurter Flughafen hat vor vier Wochen das Rostocker Biotech-Unternehmen Centogene eine mobile Corona-Testeinheit eröffnet – für Freiwillige und gegen Bezahlung. Die Einrichtung umfasst einen Abstrichbereich und ein mobiles Labor, zusammen eine Art „Walk-through- Test“ für Flugpassagiere. Insgesamt 40000 Abstriche hat das Unternehmen dort seit dem Start genommen, bei gut 100 fiel das Ergebnis positiv aus, erklärt Centogene-Geschäftsführer Arndt Rolfs.

Die Verpflichtung zum Testen von Reiserückkehrern aus Risikogebieten hält er für den richtigen Weg – und plädiert dafür, auch Rückkehrer aus Nicht-Risikoländern verpflichtend zu testen. Sein Argument: die bisherigen Erfahrungswerte. Rund 80 Prozent der positiv getesteten Urlauber am Frankfurter Flughafen kämen aus EU-Ländern zurück, die mehrheitlich nicht als Risikogebiet eingestuft worden sind.

An fehlenden Kapazitäten würde das jedenfalls nicht scheitern, ist Rolfs überzeugt. „So ein Test ist keine Raketenwissenschaft.“ Die Labore seien ausreichend standardisiert. Derzeit bleiben mehr als 400000 verfügbare Testkapazitäten pro Woche deutschlandweit ungenutzt. In großen mobilen Laboreinheiten wie am Frankfurter Flughafen seien derzeit bis zu 12000 Tests pro Woche möglich, sagt Rolfs. Personalintensiv sei allerdings die Probenahme, erklärt der Centogene-Chef. Im Frankfurter Testzentrum übernehmen das bis zu 14 Mitarbeiter, verteilt auf zwei Schichten.

Die Flughäfen bereiten sich vor

An Berlins Flughäfen sollen sich Reisende aus sogenannten Risikogebieten ab diesem Mittwoch auf das Coronavirus testen lassen können. Der Senat hat damit die landeseigene Charité beauftragt, die sich allerdings schon um Tests in Schulen und Kitas kümmern muss. Auch die Tests in den Flughäfen Tegel und Schönefeld sollen für die Reisenden kostenlos sein, Senatschef Michael Müller (SPD) wird wohl am Mittwochmorgen etwaige Details bekannt geben.

„Wir sind dabei, die Testzentren am Flughafen vorzubereiten und einzurichten“, sagte ein Sprecher der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH. Es sei „alles im Werden“, die Vorbereitungen würden getroffen. „Wir werden dafür wahrscheinlich einen Terminalbereich nutzen“, sagte der Flughafenchef am Dienstag am Rande des Probebetriebs am neuen Flughafen BER.

Die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens, Fraport, wollte noch kein konkretes Datum für die Umstellung eines freiwilligen Testzentrums auf den Pflichtbetrieb nennen, derzeit stecke man im „Bearbeitungsmodus“, bestätigte auch das zuständige hessische Gesundheitsministerium. „Die Umsetzungs- und Durchführungsverantwortung liegt bei Behörden, nicht bei uns Flughäfen“, stellte derweil Matthias von Randow, Geschäftsführer vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), klar. Die Tests müssten nicht zwangsweise direkt am Flughafen durchgeführt werden, sondern seien auch bei niedergelassenen Ärzten oder bei Gesundheitsämtern denkbar.

Auch die Deutsche Bahn verweist an die Behörden. „Corona-Tests werden in Deutschland durch Gesundheitsbehörden veranlasst und durchgeführt“, sagte ein Sprecher. Wenn die Behörden auf Wunsch der Landesregierungen an Bahnhöfen Tests bei Reisenden durchführen möchten, unterstütze man dies selbstverständlich und werde nach Möglichkeit Flächen oder Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.

In Bayern werde die Bahn nach der entsprechenden Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder nach geeigneten Räumlichkeiten an den Hauptbahnhöfen von Nürnberg und München suchen, damit der Freistaat die angekündigten Corona-Tests wie gewünscht durchführen könne. Die Stationen sollen ab dem 7. August einsatzbereit sein.

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