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Karnevalisten in Reinhardtsdorf-Schöna.
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"Reisefreudige Afrikaner": So feiert eine NPD-Hochburg Karneval

In Reinhardtsdorf-Schöna, einer der Hochburgen der NPD, haben sich Karnevalisten schwarz angemalt. Dass das diskriminierend sein könnte, kann sich der Karnevalsverein nicht vorstellen. Szenen aus der sächsischen Provinz.

Es soll offenbar lustig sein. Männer und Frauen posieren beim Faschingsumzug mit schwarz angemaltem Gesichtern, schwarzen Perücken und weiten, bunten Gewänder. Die Truppe präsentiert ein Schild, darauf steht „Reisefreudige Afrikaner“. Ein offenes Fahrzeug, wohl ein Anhänger, ist mit der Aufschrift „Asyllounge“ und fünf goldenen Sternen drapiert. Mindestens zwei der mitfahrenden Karnevalisten sind lange bunte Stoffe gehüllt, einer gibt sich mit schwarzer Perücke und schwarzem Vollbart  als besonders düster erscheinender  Flüchtling. Die anderen Passagiere halten sich an Bierflaschen fest. Fasching in der ostsächsischen Provinz. In Reinhardtsdorf-Schöna, einer der Hochburgen der NPD.

Die Bilder sind auf der „Internetseite des Reinhardtsdorfer Karnevalsclub e.V.“ zu besichtigen. Der Umzug fand am 14. Februar statt, dem Sonnabend vor Rosenmontag. Dass der Spott über Afrikaner und Asylbewerber diskriminierend sein könnte, scheint dem Karnevalsverein bis heute nicht bewusst zu sein. „Der eine läuft als Clown rum, der andere als Afrikaner“, sagt Uwe Richter. Er ist im „Elferrat“ des Clubs der „Minister Öffentlichkeit“. Eine rassistische Note bei der diesjährigen Parade sieht Richter nicht, „das eine ist Fasching, das andere ist Rassismus“. Das Thema sei „Fünf-Sterne-Hotel“ gewesen. Richter lacht, „wär’ doch ganz schön, wenn ein Asylheim fünf Sterne hätte“.

Strategie der Rechtsextremen, die Alltagskultur zu übernehmen

Ob einer der als „Afrikaner“ oder „Flüchtling“ verkleideten Karnevalisten der NPD angehöre, kann Richter angeblich nicht sagen. Ihm sei auch nicht bekannt, dass von den ungefähr 100 Mitgliedern des Vereins jemand der rechtsextremen Partei nahe steht. Das ist überraschend in einem kleinen, 1500 Einwohner zählenden Ort, der mit exorbitanten Wahlergebnissen der NPD auffällt. Bei der Gemeinderatswahl im Mai 2014 kam die Partei auf 20,5 Prozent. Und mehr als 16 Prozent der Wähler stimmten im August für die Kandidatenliste der NPD. Sie war damit in Reinhardtsdorf-Schöna die zweitstärkste Partei. Nur die CDU schnitt besser ab.

Bürgermeister Olaf Ehrlich, parteilos und nebenbei Vorsitzender des Karnevalsvereins, reagiert auf Fragen zum Faschingsumzug ungehalten. „Ich kann mir keinen Kommentar abringen zu dem Thema, danke für ihren Anruf“, aufgelegt.  Uwe Richter hingegen bleibt am Hörer, ohne Geduld mit Reportern wäre er vielleicht im Club auch nicht „Minister Öffentlichkeit“. Wieso die NPD im Ort so stark ist, vermag er allerdings nicht zu erklären. Richter hält die Rechten für harmlos. „Die denken ja nur so“, sagt Richter, „wo ist dann eine Gefahr?“

Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) ist konsterniert. Was sich beim Fasching in Reinhardtsdorf-Schöna abgespielt habe, sei ein Beleg für die Strategie der Rechtsextremen, „Alltagskultur zu übernehmen“. Pau wertet den „Rassistenkarneval“ als „Ausdruck der Grundstimmung vor Ort“.

Warum in Reinhardtsdorf-Schöna der Rechtsextremismus blüht, und dass schon lange, bleibt rätselhaft. Dass die NPD in Ostsachsen überhaupt seit mehr als zehn Jahren stark ist, taugt auch kaum zur Erklärung. In Reinhardtsdorf-Schöna mangelt es zudem an  klassischen Reizthemen. Ein Flüchtlingsheim gebe es hier nicht, sagt Richter. Auf die Frage, ob überhaupt Migranten im Ort leben, muss Richter nachdenken, „ja sagen wir mal so: jedenfalls kein Farbiger“. Aber ein Problem, schiebt er hinterher, wäre das nicht. In Reinhardtsdorf-Schöna, wo  Rechtsextreme lediglich rechtsextrem denken.

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