Laschets Schweigen zum Fall Maaßen: So darf ein Kanzlerkandidat der Union nicht agieren
Wolkiges Wahlprogramm, Hauptsache nicht polarisieren – und das Aussitzen des Falls Maaßen. Will Armin Laschet so die Wahl gewinnen? Ein Kommentar.
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Armin Laschet verfolgt eine Taktik, die man ihm nicht durchgehen lassen darf. Aussitzen, wegducken, um unangenehme Themen nicht zu groß machen. Sicher, es ist klug in Wahlkampfzeiten nicht über jedes Stöckchen zu springen.
Aber der Fall Hans-Georg Maaßen ist keine Lappalie. Hier geht es um eine gefährliche Diskurs - und Grenzverschiebung, das zeigen schon die mahnenden Stimmen in der Union.
Maaßen nutzt Methoden, die wir von der AfD kennen. Jüngstes Beispiel: Er rückt Tagesschau-Mitarbeiter in die Nähe von Linksextremisten, ohne Belege zu liefern. Er raunt von Gesinnungstests, die es brauche, da er eine linke Meinungsmanipulation der Öffentlichkeit wittert, finanziert vom Rundfunkbeitrag.
Dadurch werden gezielt Zweifel an der Unabhängigkeit des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks geschürt. Nach dem Motto: Wenn der frühere Präsident des Verfassungsschutzes so etwas sagt, muss was dran sein.
Professionelle Journalistinnen und Journalisten erkennt man daran, dass sie in alle Richtungen gleich kritisch sind. Gibt es Schlagseiten, ist das zu thematisieren. Aber solche Pauschalverdächtigungen wirken wie der Ruf nach dem Modell Ungarn, wo die Meinungsvielfalt eingeschränkt worden ist. Intern zu sagen, „solche Debatten schaden uns“, ist da ein bisschen wenig von Laschet.
Laschets defensiver Umgang stärkt das rechte Lager in der Union, das sich durch Maaßen ermutigt fühlt. Maaßens Aussagen spalten, immer wieder. Dass er danach seine Anschuldigungen – wie schon so oft – relativiert und die CDU-Spitze das als Beleg für dessen Läuterung als ausreichend akzeptiert, ist blauäugig. Damit will man einfach nur eine schädliche Debatte beenden.
Aber ein CDU-Vorsitzender und Unions-Kanzlerkandidat darf nicht nur in Sonntagsreden die strikte Abgrenzung zur AfD predigen. Es sind teils einflussreiche Leute in seiner eigenen Partei, die bei Maaßen den Eindruck haben, da bröckele die Brandmauer. Und Maaßen wird die Union weiter mit seinen Provokationen vor sich hertreiben. Anders als Laschet ist er keiner, der lieber schweigt.
Machtlos gegen Maaßen
Es zeigt Laschets ganze Schwäche, dass er nicht die Autorität hat, dem klar Einhalt zu gebieten. Das begann damit, dass es ihm nicht gelungen war, diese Bundestagskandidatur in Südthüringen zu verhindern. Weil es in der CDU viele gibt, die nicht von Laschet überzeugt sind, lässt er vieles laufen, will es allen irgendwie Recht machen. Annegret Kramp-Karrenbauer war diese Frage so wichtig, dass sie zurückgetreten ist, als sie nicht in ihrem Sinne in den CDU-Landesverband Thüringen hineinwirken konnte.
Sollte sein Kalkül sein, dass er Maaßen gewähren lässt, um der AfD in Thüringen bei der Bundestags- und parallel stattfindenden Landtagswahl Stimmen abzunehmen, wäre das mehr als fragwürdig.
Welche Macht und Führungsstärke hat jemand, der noch nicht einmal auf Maaßen einwirken kann?
Öffentlich sich klarer als bisher zu positionieren ist das Mindeste, zudem könnte Laschet klarmachen, dass Maaßen bei einem Einzug in den Bundestag nicht der Unions-Fraktion angehören soll.
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Will Laschet im Schlafwagen ins Kanzleramt?
Laschet hat keinen Hehl daraus gemacht, dass es ihm am liebsten wäre, wenn die Leute erst kurz vor der Wahl realisieren, dass Angela Merkel gar nicht mehr antritt und er im Windschatten ihrer Beliebtheit in das Kanzleramt segeln kann. In dem Stil macht er auch Wahlkampf. Der aber braucht endlich klare inhaltliche Auseinandersetzungen – und wenn es sein muss, wie im Fall Maaßen: klare Kante. Nötig ist eine offene Debatte, ob er Mitglied bleiben soll. Ein Markus Söder ist in der CSU unangefochten, er würde sich von einem Maaßen nicht derart auf der Nase herumtanzen lassen.
Annalena Baerbock von den Grünen hat ihr Päckchen zu tragen, Olaf Scholz kämpft wie ein SPD-Sisyphos um Auftrieb - aber dass auf Laschet, den Favoriten, zuletzt so wenig geschaut wurde, muss sich ändern.
Er sagt viel, was er nicht will. Laschet ist gegen ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen, gegen zu hohe Co2-Preise - aber wie er die von der Union mitbeschlossenen Klimaziele sozialverträglich erreichen will, weiß man nicht, sein Wahlprogramm ist wolkig.
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Söder fürchtet bekanntlich "Helmut Kohl 2.0."
Laschet kann Machtkampf. Aber ein Wahlkampf ist auch ein ehrlicher Kampf um die besten Zukunftskonzepte. Auch Helmut Kohl und Angela Merkel setzten oft auch auf das Ungefähre, keine Angriffsfläche bieten, die Wähler mobilisiert.
Aber gerade, wenn jemand neu in das Kanzleramt will, würde man gerne mehr Klarheit sehen, im parteiinternen Umgang mit schwierigen Charakteren wie bei den politischen Zielen, mithin, wie führungsstark er wirklich ist.
Es war Söder, der mit Blick auf Laschet sagte, es sei nicht klug, „nach den progressiven Merkel-Jahren eine Politik „Helmut Kohl 2.0" aus der Vergangenheit zu machen“. Laschet täte gut daran, dies aktiv zu wiederlegen, statt wie ein Schlafwandler in das Kanzleramt zu streben.