Sozialisten: Slowake Sefcovic kandidiert als EU-Kommissionspräsident
Gut acht Monate vor der Europawahl bringen sich die Bewerber in Stellung. Auch an der Spitze der Kommission.
Das Spitzenkandidaten-Karussell bei den europäischen Sozialdemokraten nimmt Fahrt auf. Der Vizechef der EU-Kommission, der Slowake Maros Sefcovic, würde gern bei der Europawahl im Mai die Liste der Sozialisten anführen. Damit wäre er der Gegenspieler des CSU-Politikers Manfred Weber, der seinerseits Spitzenkandidat der christdemokratischen Parteienfamilie auf EU-Ebene werden will. Der 52-jährige Sefcovic ist seit neun Jahren EU-Kommissar. Derzeit ist er für die Energiepolitik zuständig. Vor seinem Wechsel zur Kommission war der gelernte Jurist als Berufsdiplomat auf Posten bei der EU in Israel und Kanada. Als Sefcovic am Montag seine Kandidatur offiziell anmeldete, sagte er: „Als ich vor 30 Jahren in Bratislava studiert habe und durch den Eisernen Vorhang nach Westen schaute, konnte ich mir nicht ausmalen, dass Europa eines Tages vereint ist und ich dem Gemeinschaftsprojekt dienen darf.“ Er sehe die EU bedroht durch die wachsende Spaltung zwischen Arm und Reich. Es gehe ihm darum, den Populisten mit ihren überaus „bedrohlichen“ und „falschen Versprechungen“ den Kampf anzusagen.
Anfang Dezember bestimmen die Sozialisten ihren Kandidaten
Sefcovic ist der Erste aus dem Lager der Sozialisten, der seinen Hut in den Ring wirft. Er ist wohl nicht der Einzige. Auch EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici aus Frankreich und Frans Timmermans aus den Niederlanden, der ebenfalls einer von sechs Vizekommissionschefs ist, wird Interesse nachgesagt. Es wird zudem spekuliert, ob die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, kandidiert. Ein Parteifreund sagt dazu: „Eigentlich hat sie bereits abgewinkt. Aber viele versuchen noch, sie umzustimmen.“ Auch der Österreicher Christian Kern, Ex-Bundeskanzler und Oppositionsführer in Wien, könnte seine Kandidatur noch anmelden. Spätestens Anfang Dezember könnte eine Kampfkandidatur über die Spitzenkandidatur entscheiden.
Die beiden Spitzenkandidaten der großen Parteienfamilien auf EU-Ebene – Christdemokraten (EVP) sowie Sozialisten (S&D) – haben gute Chancen, nach der Europawahl die Nachfolge von Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission anzutreten. Es wird damit gerechnet, dass Christdemokraten und Sozialisten nach der Wahl darüber verhandeln, welcher Spitzenkandidat Kommissionspräsident werden soll. Die derzeitigen Umfragen deuten allerdings darauf hin, dass EVP und S&D keine Mehrheit im nächsten Europaparlament haben werden. In diesem Fall würden auch noch die Stimmen von Liberalen und Grünen gebraucht. Markus Grabitz