Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina: Sind das wirklich sichere Herkunftsländer?
Gut ein Fünftel der bislang 115 000 Asylanträge in Deutschland stammt 2014 von Bürgern Serbiens, Mazedoniens und Bosnien-Herzegowinas. Fast alle sind Roma, ihre Anerkennungsrate tendiert gegen null. Mit der Gesetzesänderung über sichere Herkunftsländer würden sie generell abgewiesen.
Auf dem Balkan stehen die Roma am Ende der sozialen Leiter, werden diskriminiert. Doch systematische Verfolgung gibt es nicht. Brutale Angriffe wie in den EU-Ländern Ungarn, Slowakei, Tschechien oder Frankreich sind hier weitgehend unbekannt. Das Problem: Die drei neuen „sicheren Drittländer“ kämpfen mit einer dramatischen sozialen Misere. Ihnen droht der Staatsbankrott. Schon die offizielle Arbeitslosigkeit liegt bei rund 30 Prozent. In Serbien wird die Zahl der Roma auf zwischen 250 000 und 600 000 geschätzt. Auf dem Papier genießen in Serbien alle Bürger ausreichenden Schutz des Staates. Dennoch werden insbesondere Schwule und Lesben, aber auch Angehörige ethnischer Minderheiten diskriminiert. Sie sind nicht nur verbalen, sondern manchmal auch physischen Angriffen ausgesetzt.
Auch in Mazedonien ist der Rassismus gegen die etwa 150 000 Roma eher weniger entwickelt als etwa im EU-Staat Bulgarien. Doch weil EU-Staaten wie Deutschland in den vergangenen Jahren einen zunehmenden politischen Druck ausgeübt haben, damit Leute aus Südosteuropa (insbesondere Roma) nicht während der kalten Wintermonate in EU-Europa um Asyl ersuchen, kommt es an den Grenzen zu einem „ethnischen Screening“. Roma werden einfach nicht mehr in die Busse gelassen, die in Richtung EU fahren, oder es werden spezielle Vermerke in ihren Pässen gemacht. Das Absurde ist, dass gerade der Druck aus der EU die Diskriminierung auf dem Balkan fördert.
In Bosnien-Herzegowina kann der Staat, der auf der Nachkriegsverfassung von Dayton beruht, die Rechte von Minderheiten nicht ausreichend schützen. So werden Leute, die sich nicht ethnisch definieren oder einer Minderheit angehören (Roma, Ukrainer, Juden) durch die Verfassung diskriminiert, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2009 feststellte. Das heißt nicht, dass diese Leute im Alltag unterdrückt werden. Sicher ist aber, dass der bosnische Rechtsstaat so wenig entwickelt ist und unter einem so starken Einfluss von Parteiinteressen steht, dass Bürger oft nicht zu ihrem Recht kommen. In Bosnien leben etwa 80 000 Roma.