Neues Unternehmen in Berlin: Sigmar Gabriel beteiligt sich an Beraterfirma
Sozialdemokraten aus Österreich und Deutschland gründen ein Unternehmen in Berlin. Beteiligt sind auch Sigmar Gabriel und Werner Faymann.
Die beiden Männer, die am 12. Juni bei einem Notar in Berlin-Wilmersdorf erscheinen, wollen gemeinsam eine Firma gründen. Der eine ist aus Wien angereist, der andere aus Hannover. Beide können auf eine Vergangenheit in der Politik zurückblicken: Matthias Euler-Rolle war Sprecher des früheren österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann (SPÖ) und Kommunikationschef der Sozialdemokraten in Österreich. Heino Wiese saß vier Jahre für die SPD im Bundestag, außerdem managte er die Wahlkämpfe für die Sozialdemokraten Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel. Das Unternehmen, das Euler-Rolle und Wiese an diesem Tag gründen, gehört zu gleichen Teilen dem Beratungsunternehmen Wiese Consult und der österreichischen Firma 4 Pro. Diese wiederum ist je zur Hälfte im Besitz von Euler-Rolle und von Faymann.
Das neue Unternehmen, die VIB International Strategy Group Beteiligungs- GmbH, hat nur einen Zweck: Es dient als Holding für eine weitere Firma, die ebenfalls im Sommer in Berlin gegründet wurde, die VIB International Strategy Group GmbH & Co. KG. Persönlich haftende Gesellschafter dieser Firma sind die Holding und Euler-Rolle. Wie in Kommanditgesellschaften üblich werden im Handelsregister auch diejenigen genannt, die nicht persönlich haften und nur in sehr geringem Umfang finanziell beteiligt sind, die sogenannten Kommanditisten. In dieser Liste taucht auch der Name Sigmar Gabriel auf. Der frühere Wirtschafts- und Außenminister und ehemalige SPD-Chef ist faktisch stiller Teilhaber, er haftet bisher mit der eher symbolischen Summe von 500 Euro. Über die Neugründung in Berlin hatte zuerst die österreichische Zeitung „Kurier“ berichtet.
Gabriel und Faymann haben "derzeit keinerlei operative Funktion"
Auf die Frage, welche Rolle Gabriel und Faymann künftig in der Firma spielen sollen, sagte der Geschäftsführer Euler-Rolle, die beiden seien Gesellschafter „und haben derzeit keinerlei operative Funktion“. Gabriel sagte dem Tagesspiegel, er sei in der Gesellschaft „nicht operativ tätig“ und übe „auch keinen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft aus“. Mit Faymann verbinde ihn eine jahrzehntelange Freundschaft.
Eine aktive Tätigkeit Gabriels in dem neuen Unternehmen wäre derzeit auch nicht vereinbar mit der für ehemalige Bundesminister vorgeschriebenen Karenzzeit. So darf Gabriel erst nach einer Frist von einem Jahr nach seinem Ausscheiden aus der Regierung in den Verwaltungsrat des neuen Zugherstellers von Siemens und Alstom einziehen. Der Ex-Außenminister, der Abgeordneter im Bundestag ist, nahm bereits eine „publizistische Tätigkeit“ bei der Mediengruppe Dieter von Holtzbrinck auf, zu der auch der Tagesspiegel gehört.
"Mögliche Tätigkeit nach Beendigung meiner politischen Laufbahn"
Aber auch nach Ablauf der Karenzzeit will Gabriel noch nicht ins operative Geschäft der neuen Firma einsteigen. „Meine Rolle in der Gesellschaft kann sich gegebenenfalls ändern, sollte ich nicht mehr Abgeordneter des Deutschen Bundestages sein.“ Eine Entscheidung habe er aber noch nicht getroffen. „Die Kapitalbeteiligung dient insofern einer möglichen Tätigkeit nach Beendigung meiner politischen Laufbahn als Parlamentsmitglied.“
An der VIB International Strategy Group ist auch der Rechtsanwalt Lutz Lehmann beteiligt, ein weiterer alter Bekannter Gabriels. Die beiden gründeten schon einmal gemeinsam ein Unternehmen, und zwar nach der Landtagswahl in Niedersachsen 2003, als Gabriel noch SPD-Fraktionschef in Hannover war. Die Schulfreunde hätten sich mit ihrer Firma einen Beratervertrag bei VW gesichert, der mit etwa 130 000 Euro dotiert gewesen sei, berichtete der „Focus“ später. Die Geschichte machte Schlagzeilen, weil Gabriel zuvor als Ministerpräsident im Aufsichtsrat des Autokonzerns gesessen hatte. Gabriel betonte damals, er habe alle Vorschriften eingehalten.
Die Frage ist nun, wen Euler-Rolle und seine sozialdemokratischen Mitstreiter künftig beraten wollen. „Unser Beratungsunternehmen unterstützt Firmen in der langfristigen strategischen Ausrichtung ihres Unternehmens sowie bei der Erschließung neuer Zielgruppen und Märkte“, sagte Euler-Rolle dem Tagesspiegel. Eine Beschränkung auf spezielle Branchen gebe es nicht. Zugleich betonte er: „Wir beraten keine Politiker oder politische Parteien.“
Mit dabei ist auch der Honorarkonsul Russlands in Hannover
Der Miteigentümer Heino Wiese ist in Berlin mit seiner Firma Wiese Consult schon lange im Beratungsgeschäft tätig und bezeichnete sich bereits vor Jahren als „Lobbyist für Russland“. Zu seinen Kunden zählte der Stahlkonzern Severstal des Oligarchen Alexej Mordaschow. Wiese, den eine enge Freundschaft mit Altkanzler Schröder verbindet, ist seit 2016 Honorarkonsul Russlands in Hannover. Seine Beratungsfirma und das neue Unternehmen der Sozialdemokraten aus Österreich und Deutschland haben in Berlin dieselbe Adresse.