Rumänien: Sieg eines Außenseiters
Es wurde eine Riesenüberraschung. Der Wirtschaftsliberale Klaus Johannis wird dank hoher Wahlbeteiligung neuer Präsident in Rumänien. Der Rumäniendeutsche hatte deutsche Tugenden propagiert. Der unterlegene Victor Ponta galt als Favorit.
„Ihr seid Helden!“ Das waren die ersten Worte des sichtlich bewegten Wahlsiegers, nachdem um 21 Uhr am Sonntagabend die ersten Hochrechnungen im Fernsehen übertragen worden waren. Kaum jemand hatte es Klaus Johannis zugetraut. Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Rumänien hatte er vor zwei Wochen nur 30 Prozent der Stimmen bekommen. Sein Gegner, der sozialdemokratische Premier Victor Ponta, galt mit 40 Prozent als klarer Favorit.
Doch das Wunder ist geschehen: Johannis gewann die Stichwahl mit fast 55 Prozent der Stimmen. Der bisherige Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt) machte sich umgehend auf den Weg zum symbolgeladenen Universitätsplatz in Bukarest, wo mehr als 10 000 Menschen auf ihn warteten. Es war eine lange Nacht in der rumänischen Hauptstadt. „Klaus! Klaus!“, skandierten immer wieder vor allem junge Rumänen aus der urbanen Mittelschicht, die traditionell liberal wählen.
Seinen unerwarteten Sieg hat der Wirtschaftsliberale in erster Linie der überraschend hohen Wahlbeteiligung zu verdanken. Mit 62 Prozent lag sie weit über der bei der ersten Runde. Ursache dafür war vor allem die katastrophale Organisation der Wahlen, die eine beispiellose Wut- und Protestwelle gegen die sozialdemokratische Regierung ausgelöst hatte. Vor allem im europäischen Ausland, wo Schätzungen zufolge mehr als zwei Millionen Rumänen leben, konnten viele Wähler wegen der geringen Zahl der Wahllokale ihre Stimme nicht abgeben.
Vor den Konsulaten standen Wähler Schlange
Das rumänische Wahlgesetz sieht keine Briefwahl vor, und die Auslandsvertretungen des Landes waren von dem Andrang schlicht überfordert. Stundenlang mussten insgesamt mehrere hunderttausend Bürger bei kühlen Temperaturen vor den Botschaften und Konsulaten in Paris, London, München, Wien oder Chisinau in der Schlange stehen, oft vergeblich. Der Frust darüber verbreitete sich rasch über Handys, soziale Netzwerke und Live-Übertragungen im Fernsehen. Er erreichte umgehend die Freunde und Familienmitglieder der Auslandsrumänen in der Heimat, die sich prompt mobilisierten.
Ponta könnte die Wahlschlappe teuer zu stehen kommen. Am Montag forderten neben den Vertretern des wirtschaftsliberalen Lagers auch mehrere Mitglieder aus seiner Partei, der PSD, den Rücktritt der Regierung. Das Wahlergebnis ist eine historische Premiere: Erstmals in seiner Geschichte hat Rumänien einen demokratisch gewählten Staatschef, der weder ethnisch rumänisch ist noch der christlich-orthodoxen Religion angehört. Zudem trat Johannis im Wahlkampf explizit für einen anderen, „deutschen“ Politikstil ein. Immer wieder betonte er deutsche Tugenden wie Effizienz, Sachlichkeit oder Ehrlichkeit.
Silviu Mihai
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