Angela Merkel: Sie ist wieder da
Die Kanzlerin beendet ihren Sommerurlaub. Das ist alles andere als sensationell - wäre sie nicht angeblich verschwunden gewesen.
Wenn der Regierungssprecher oder eine seiner Stellvertreterinnen in der Bundespressekonferenz die Termine der Kanzlerin verlesen, ist das normalerweise der Moment, in dem der halbe Saal in Dämmerschlaf versinkt. Monoton rauschen die Namen fremdländischer Gäste vorbei: „... den Ministerpräsidenten Montenegros, Duško Markovic ... militärische Ehren ... den Präsidenten der Republik Niger, Issoufou Mahamadou, auf Schloss Meseberg ...“, dazu Dialogveranstaltungen, Firmenbesuche, manchmal eine Reise. Doch dieser Tage stieß Angela Merkels Terminplan auf ganz ungewohntes Interesse – belegt er doch, dass sie noch da ist.
Um den Sensationsgehalt dieser Nachricht richtig einzuschätzen, muss man sich kurz an den Beginn des Merkel’schen Urlaubs versetzen. Der sorgte, angefacht von einer Exklusivrecherche der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ an der Rezeption des Kanzlerinnen-Sommerurlaub-Stammhotels, für viel Rauschen und Raunen im Blätterwald. Gebucht war für Herrn Sauer, Joachim und Sohn, nicht aber für Merkel, Angela.
Zufällig beim Einkaufen
Krisenerprobte Boulevardreporter spürten der Verschwundenen nach, kamen aber abgesehen von ein paar Sichtungen bei Opernvorführungen nicht weiter. Erst als ein Reporter der „Süddeutschen Zeitung“ die Regierungschefin zufällig beim Einkaufen in einem Berliner Kaufhaus traf, stellten die bunten Blätter die Jagd ein. In dem plötzlichen Desinteresse schwang etwas durchaus Beleidigtes mit: Wieso stolpert der über sie und nicht wir?
Jetzt kommt sie also wieder ins Büro und macht da weiter, wo sie im Juli aufgehört hat: Gespräche über Europapolitik, Bürgergespräche über Europa, Kabinettssitzung, vulgo Wiedersehen mit dem Bundesinnenminister. Horst Seehofer mal drei Wochen lang nicht um die Wege zu haben, war wahrscheinlich der erholsamste Aspekt dieses Sommers. Lange anhalten wird der nicht.
Am Samstag fliegt Merkel nach Spanien, um mit dem Ministerpräsidenten Pedro Sánchez unter anderem darüber zu sprechen, wie man mit der zunehmenden Zahl von Flüchtlingen auf der iberischen Halbinsel umgeht. Immerhin trifft sie den Spanier nicht in Madrid, sondern in dessen Urlaubsdomizil im Nationalpark Donana, einem Vogelparadies an der Atlantikküste.
Ernste Frage an die stellvertretende Regierungssprecherin: „Ist das noch Teil ihres Urlaubs?“ Ernste Antwort: „Die Bundeskanzlerin ist immer im Dienst.“ Kleiner Tip also an die Kollegen vom Boulevard: Im nächsten Sommer einfach unauffällig vor dem Kanzleramt lauern!
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