Von der Leyen erklärt Johnson Corona-Regeln: „Sie führen ein strenges Regiment hier, Ursula!“
Die EU-Kommissionschefin weist den britischen Premier in Brüssel in die Verhaltensregeln ein. Beim Abendessen später gibt es keine Fortschritte in der Sache.
Mit klaren Ansagen hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwochabend den britischen Premierminister Boris Johnson auf die Corona-Regeln aufmerksam gemacht.
Für einen kurzen Fototermin traten von der Leyen und ihr Gast in Brüssel vor die versammelte Presse, zunächst natürlich mit einem Mund-Nasen-Schutz vor dem Gesicht.
„Halten Sie Abstand!“ sagt von der Leyen zu Johnson, als sich die beiden präsentieren. Brav folgt Johnson ihrer Anweisung. „Abstand halten“, wiederholt er und stellt sich ein Stück weit entfernt von der Gastgeberin auf.
Ganz kurz nehmen dann beide ihre Masken für die Fotografen ab. „Wenn wir durch sind, setzen wir sie wieder auf“, sagt von der Leyen dann.
„Sofort wieder aufsetzen?“, fragt Johnson.
„Ja, wir setzen sie sofort wieder auf“, erwidert von der Leyen. „Keine Chance.“
„Sie führen ein strenges Regiment hier, Ursula“, scherzt Johnson und fügt hinzu: „Aber auch ziemlich zu Recht.“ Dann setzen beide ihre Masken wieder auf und gehen. Der ganze Auftritt dauert keine halbe Minute.
Johnson war nach Brüssel gekommen, um mit der Kommissionspräsidentin bei einem Abendessen über die ungelösten Fragen in den Verhandlungen zum Brexit-Handelspakt zu sprechen.
Zwei Telefonate hatten zuvor nicht den erwünschten Erfolg gebracht. Großbritannien hatte die EU Ende Januar verlassen. Ein Vertrag müsste bis zum 31. Dezember stehen, denn dann läuft die Brexit-Übergangsphase aus.
Abendessen mit Fisch bringt keinen Durchbruch
Beim gemeinsamen Abendessen gab es nach britischen Medienberichten für von der Leyen und den britischen Premier ausgerechnet Fisch – gedünsteten Steinbutt mit Kartoffelpüree, Wasabi und Gemüse - sowie Jakobsmuscheln. Der Konflikt um Fischereirechte ist eines der drei umstrittensten Themen zwischen Großbritannien und der EU.
Dass von der Leyen nun Johnson Fisch servieren ließ, sahen manche Kommentatoren als gezielte Geste, andere als Zeichen, dass die Brüsseler Behörde doch einen Sinn für Humor hat. Außer Fischerei geht es um fairen Wettbewerb und die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Vereinbarungen.
Das Treffen zwischen am Mittwoch brachte aber keine entscheidenden Fortschritte. Trotzdem sollen die Gespräche über einen Brexit-Handelspakt weitergehen, hieß es am Mittwochabend aus britischen Regierungskreisen. Eine Entscheidung soll nun bis Sonntag fallen.
Das Menü der beiden war durchaus pikant: Ausgerechnet um Jakobsmuscheln tobte noch vor knapp zwei Jahren ein heftiger Streit zwischen französischen und britischen Fischern im Ärmelkanal. Grund für den Konflikt waren Schonzeiten, die zwar für die Franzosen galten, nicht aber für die Briten. Französische Boote attackierten daraufhin die britische Konkurrenz auf dem Wasser.
Die wehrten sich vehement. Etwa 35 französische und fünf britische Schiffe waren an dem Zwischenfall im Ärmelkanal beteiligt. Es flogen Steine, Farbdosen und Leuchtraketen; Boote wurden gerammt. Britische Medien sprachen von einem „Jakobsmuschel-Krieg“. (mit dpa)