Immer-noch-Fifa-Boss: Sepp Blatter: Ausnahmeschweizer mit treuen Unterstützern
Die Weltwoche macht ihn zum "Schweizer des Jahres", Putin will ihm gar den Friedensnobelpreis überreichen. Es steht nicht gut um Sepp Blatter. Gar nicht gut. Ein Kommentar.
Wird jemandem Unrecht angetan, braucht er treue Unterstützer. Um Fifa-Patriarch Sepp Blatter ist es derzeit gar nicht gut bestellt. Wegen einer dubiosen Millionenzahlung an Uefa-Chef Michel Platini ist Blatter suspendiert, die Behörden verschiedener Länder wollen ihm an den Kragen, und weil nicht ganz klar ist, wer etwas von ihm wollen könnte und warum, reist er neuerdings auch nicht mehr so viel, sicher ist sicher.
In den Stunden der Not hat die „Weltwoche“ ihn nun zum „Schweizer des Jahres“ gekürt. „Blatters dornenvoller Kampf für eine bessere Welt“ gab dafür den Ausschlag. Er sei schlichtweg ein „Ausnahmeschweizer“. Nur eine Dornenkrone auf dem Haupt des 79-Jährigen fehlt noch für die totale publizistische Heiligsprechung. Chefredakteur Roger Köppel ist für seinen alten Buddy Blatter also zu jedem Unfug bereit.
Doch weil Blatter sich schon immer als Weltenlenker gesehen hat, ist anzunehmen, dass er als gewöhnlicher Ausnahmeschweizer nicht nachhaltig glücklich werden würde. Dafür hat er mit Wladimir Putin einen weiteren treuen Unterstützer. Der russische Präsident hat Blatter nun erneut für den Friedensnobelpreis ins Spiel gebracht. Und Putin ist der Ironie so unverdächtig wie niemand sonst, er ist ihr so unverdächtig, dass er dringend einen Preis dafür bekommen sollte.
Blatter hat schon alles gewonnen
Nun hat Blatter schon viele Preise gewonnen, sogar das Bundesverdienstkreuz. Er ist auch Ritter der französischen Ehrenlegion, Ehrenbürger von Texas und trägt den „Orden der afrikanischen Befreiung“. Sogar einen Bambi hat er mal bekommen – es ist nicht überliefert, ob sich das arme Tier dagegen gewehrt hat oder nicht.
In einer zunehmend schrillen und polarisierten Öffentlichkeit könnte es ein neuer Trend werden, Menschen gewissermaßen gegen den Trend auszuzeichnen – mit dem „Goldenen Oxymoron“. Wenn also demnächst Viktor Orban als „Demokrat der Woche“ vorgeschlagen wird und IS-Chef Abu Bakr al Baghdadi als „Friedenstaube des Jahres“, braucht sich niemand mehr so richtig zu wundern.
Dass Blatter selbst sich als Märtyrer inszeniert, der von bösen Mächten verfolgt wird, überrascht nicht mehr. Doch Blatter ist auch ein bestens vernetzter Funktionär. Er hat in seinem Leben viele mächtige Männer noch mächtiger und, nun ja, glücklich gemacht. Sie sind noch in Rang und Würden – Blatter dagegen ein Paria, der bald kein Amt mehr hat, aber viele Geheimnisse kennt. Eine Auszeichnung ist in dieser heiklen Situation doch das Mindeste, was Blatters beste Freunde für ihn tun können.