Marschiert Russland jetzt ein?: Separatisten bitten Putin um militärische Hilfe
Die Separatisten in der Ostukraine verstärken ihre Hilfegesuche an Putin. Der erkennt ihre Gebiete als unabhängig an und ebnet damit den Weg zum Krieg.
Im Osten der Ukraine nehmen die Spannungen im Konfliktgebiet Donbass weiter massiv zu. In der selbst ernannten Volksrepublik Donezk rief Separatistenführer Denis Puschilin alle Männer zu den Waffen, um gegen ukrainische Regierungstruppen zu kämpfen.
Die Ukraine hatte immer wieder betont, keine Offensive gegen die prorussischen Separatisten zu planen. Puschilin wiederum sprach von massivem Beschuss von ukrainischer Seite.
Überprüfbar waren diese Angaben nicht. In Donezk seien zwei Schulen, ein Krankenhaus und ein Umspannwerk getroffen worden, teilten die Behörden dort mit.
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Montagmittag riefen die Separatisten Russlands Präsidenten Wladimir Putin zur Anerkennung ihrer Unabhängigkeit auf. Noch am Abend entschied Putin sich dafür und unterzeichnete ein entsprechendes Dekret. Schon vergangene Woche hatte das russische Unterhaus dafür gestimmt, Luhansk und Donezk offiziell als unabhängige Staaten anzuerkennen. Solch eine Anerkennung verstößt gegen das Minsker Abkommen zur Befriedung der Ost-Ukraine.
Da wundert es nicht, dass Putin außerdem erklärte, dass er keine Aussichten mehr für die Umsetzung des Minsker Abkommens sieht. Am Montag tagte der russische Sicherheitsrat, um die Russland-Ukraine-Krise zu diskutieren.
Mit einem solchen Schritt würde Putin den Weg ebnen für einen militärischen Einmarsch in die Ost-Ukraine. Der stellvertretende Leiter des russischen Sicherheitsrates und frühere russische Präsident und Ministerpräsident Dmitri Medwedew sagte, dass die Ukraine Donezk und Luhansk "nicht brauche".
Aus den von moskautreuen Separatisten kontrollierten Regionen wurden weiter vor allem Frauen und Kinder in Bussen und Zügen nach Russland gebracht. Zehntausende kamen in verschiedenen Teilen Russlands in Notunterkünfte. Die Männer mussten bleiben.
„Ich rufe die männliche Bevölkerung auf, alle, die eine Waffe halten können, sich in den Kreiswehrkommandos einzufinden und aufzustehen für den Schutz ihrer Familien, Kinder, Frauen, Mütter und für unser Vaterland“, sagte Puschilin. Laut Informationen des Tagesspiegels dürfen selbst 16-jährige männliche Jugendliche nicht mehr aus dem Donbass ausreisen, weil sie Teil der Mobilisierung sind.
Eduard Basurin, offizieller Vertreter der Volksmiliz der Volksrepublik Donezk, sagte laut der russischen Nachrichtenagentur "Interfax" in Richtung Moskau: "Zunächst einmal brauchen wir moralische (Hilfe), finanzielle Hilfe würde ich auch nicht ablehnen, militärische Hilfe ist auch notwendig, in verschiedenen Bereichen."
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Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatten zuletzt Tausende Verstöße gegen den vereinbarten Waffenstillstand gemeldet. Die Ukraine betont, dass das Feuer allenfalls erwidert, aber nicht angegriffen werde. Überprüfbar ist das nicht.
Offiziell weicht die Ukraine seit Herbst von einer Zusatzvereinbarung zur geltenden Waffenruhe ab. „Wir haben kein Verbot, das Feuer zu eröffnen. Jeder Kommandeur trifft vor Ort selbst die Entscheidung“, hatte der Befehlshaber der Regierungstruppen, Olexander Pawljuk, im Oktober gesagt.
Der für den russischen Grenzschutz zuständige Inlandsgeheimdienst FSB teilte unterdessen mit, einer seiner Posten im Gebiet Rostow sei beschossen und zerstört worden. Dazu wurden Bilder gezeigt. Russische Behörden hatten auch zuvor von solchen Einschlägen von ukrainischer Seite berichtet. Das war nicht überprüfbar. Das Ermittlungskomitee in Moskau kündigte Untersuchungen an. Auch einen angeblichen Beschuss von ukrainischer Seite auf Russland könnte Moskau als einen Vorwand nutzen für einen Einmarsch ins Nachbarland. (mit Agenturen)