Opfersuche in Kleinstadt bei Kiew: Selenskyj sieht Lage in Borodjanka „viel schrecklicher“ als in Butscha
In einer Videoansprache spricht der ukrainische Präsident ein weiteres Massaker bei Kiew an. Von der EU forderte er schärfere Sanktionen gegen Russland.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht weitere Gräueltaten russischer Truppen in der Ukraine. In der Kleinstadt Borodjanka bei Kiew, wo Aufräumarbeiten liefen und Rettungskräfte Trümmer beseitigten, sei es „viel schrecklicher“ als in Butscha, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft, die am Donnerstagabend auf Telegram veröffentlicht wurde. Dort seien „noch mehr Opfer“ russischer Einheiten. Konkrete Details nannte er nicht.
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Am Donnerstag hatte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj gesagt, Borodjanka sei eine der am stärksten zerstörten Städte in der Region Kiew. Angaben der ukrainische Generalstaatsanwaltschaft zufolge soll es in der Stadt die meisten Opfer in der Region Kiew geben.
Bislang haben die Behörden aber noch keine Zahlen für diesen Ort genannt. Seit Mittwoch sucht der ukrainische Zivilschutz dort nach Überlebenden und Opfern.
Selenskyj stellte in der Videobotschaft zudem die Frage, was passieren werde, wenn die Welt erfahre, was russische Einheiten in der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol getan hätten. Dort sei auf „fast jeder Straße“ das, was die Welt nach dem Abzug der russischen Truppen in Butscha und anderen Städten in der Region Kiew gesehen habe. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
26 Leichen aus Wohnhaus geborgen
Selenskyj dankte in seiner Ansprache zudem Botschaften und Botschaftern, die mittlerweile in die Hauptstadt Kiew zurückgekehrt seien und ihre Arbeit wieder aufgenommen hätten. Dies sei ein klares Signal an Moskau, dass Kiew die Hauptstadt der Ukraine sei, „und keine Provinzstadt Russlands“.
Die Arbeit in Kiew haben laut Selenskyj die türkische und die slowenische Botschaft wieder aufgenommen, der litauische Botschafter war am Donnerstag zurückgekehrt.
Ukrainische Behördenvertreter befürchten hohe Opferzahlen in der Kleinstadt Borodjanka bei Kiew. Aus den Trümmern von zwei ausgebombten Wohnhäusern seien alleine 26 Leichen geborgen worden, schrieb die Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Donnerstagabend auf Facebook. Wie viele Opfer es insgesamt gegeben habe, sei derzeit schwer abzuschätzen.
Am Donnerstag hatte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj gesagt, Borodjanka sei eine der am stärksten zerstörten Städte in der Region Kiew. Früheren Angaben der ukrainische Generalstaatsanwaltschaft zufolge soll es in der Stadt die meisten Opfer in der Region Kiew geben.
Sexuelle Gewalt bestätigt
Seit Mittwoch sucht der ukrainische Zivilschutz dort nach Überlebenden und Opfern. Zuvor sei die 35 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt gelegene Siedlung von Minen geräumt worden, hieß es. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Donnerstag, in Borodjanka sei es „viel schrecklicher“ als in Butscha.
Die Bilder aus einem anderen Kiewer Vorort, Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, hatten international Entsetzen ausgelöst. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich. Moskau bestreitet das.
Wenediktowa sagte, man müsse und werde jedes Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit dokumentieren und die Verantwortlichen bestrafen. In Borodjanka habe man auch sexuelle Gewalt bestätigt.
Selenskyj fordert erneut Waffen
Kurz nach Bekanntwerden des fünften großen EU-Sanktionspakets gegen Russland hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schärfere Strafmaßnahmen gefordert. Die nun verhängten Sanktionen reichten noch nicht aus, um Russland aufzuhalten und den Krieg zu beenden, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft, die am Donnerstagabend auf Telegram veröffentlicht wurde. „Es braucht mehr Sanktionen. Es braucht härtere Sanktionen.“
Gleichzeitig forderte Selenskyj Waffen für sein Land, „mit denen wir auf dem Schlachtfeld gewinnen können“. Das werde die stärkste Sanktion gegen Russland sein.
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Die Streitkräfte seines Landes täten weiterhin alles, um die Offensive der russischen Truppen im Donbass abzuwehren, sagte Selenskyj. Die russischen Einheiten würden in diesem Gebiet aktiver und sammelten neue Kräfte aus Russland. Kiew sähe alles, analysiere jeden Schritt und werde darauf antworten.
Die Aussetzung der Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am Donnerstag nannte Selenskyj „ganz logisch“ und „absolut gerecht“. Diese war als Reaktion auf Berichte über russische Menschenrechtsverletzungen im Ukraine-Krieg erfolgt. (dpa)