Alexander Dobrindt: Seine Jahre mit der Maut
Der Bundestag hat die Pkw-Maut, auch Infrastrukturabgabe genannt, beschlossen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ist einen Schritt weiter - aber noch nicht am Ziel.
Politische Karrieren haben ihre Höhen und Tiefen, in jedem Fall haben sie Abschnitte. Der Mittvierziger Alexander Dobrindt erlebt derzeit als Minister einen solchen Abschnitt, der, sollte er einmal eine Autobiographie schreiben, die Kapitelüberschrift tragen könnte: Meine Jahre mit der Maut. Ob er dann einen Höhepunkt beschreiben darf oder von einem Tiefschlag sprechen muss, ist noch nicht ausgemacht. Denn der Abschnitt ist noch nicht zu Ende – auch wenn Dobrindt es geschafft hat, einen entscheidenden Schritt zum Erfolg weitergekommen zu sein.
Der Bundestag hat am Freitag dem Dobrindtschen Großprojekt mit den Stimmen der Koalition zugestimmt – jenem Projekt, das in seiner Entstehungsphase im Wahlkampf der CSU in Bayern Ausländermaut hieß, von der die Kanzlerin ebenfalls im Wahlkampf behauptete, mit ihr werde es so etwas nicht geben, und das nun offiziell Infrastrukturabgabe genannt wird. Dobrindt sagte im Bundestag: „Wir vollziehen einen klaren Systemwechsel weg von der Steuerfinanzierung hin zur Nutzerfinanzierung.“
Im Höchstfall 130 Euro
In Wirklichkeit ähnelt die Abgabe mehr der Kfz-Steuer, mit der sie verrechnet werden soll. Deutsche Autofahrer dürfen ja, so haben es CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag beschlossen, nicht stärker belastet werden. Deshalb bekommen sie die Mautkosten über eine Verringerung der Kfz-Steuer quasi erstattet. Auch die Maut wird nach Fahrzeuggröße und Schadstoffklasse berechnet, nicht aber nach gefahrenen Kilometern (wie bei einer echten Nutzerfinanzierung). Im höchsten Fall sollen es 130 Euro sein, im Schnitt zahlen deutsche Autobesitzer um die 70 Euro. Eine Vignette wie etwa das österreichische Pickerl wird es nicht geben, auch keine elektronische Vignette, obwohl Dobrindts Ministerium gern davon spricht. Der Nachweis für die Zahlung der Abgabe ist schlicht das Nummernschild, denn bei der Zulassung wird eine Zahlungsermächtigung für die Abgabe verlangt – so wie bisher schon bei der Kfz-Steuer. Verwaltet wird das Ganze vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg. Zahlen müssen alle Autobesitzer, unabhängig davon, wie stark sie Bundesfernstraßen – also Autobahnen und Bundesstraßen – nutzen.
Neu: Preisstaffelung bei Ausländern
Ausländer dürfen wählen, wie stark sie beansprucht werden. Für sie gibt es eine Abgabe, die zehn Tage gilt – zum Preis von fünf, zehn oder 15 Euro je nach Fahrzeug. Zudem eine für zwei Monate, für 16, 22 oder 30 Euro. Die Staffelung war eine Forderung der SPD-Fraktion, man wollte damit kurz vor der Abstimmung Bedenken in Brüssel ausräumen. Ausländer können aber – wie Deutsche, und zum gleichen Preis – auch eine Jahresabgabe wählen. Die von Dobrindt prognostizierten Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro im Jahr (wovon die Betriebs- und Einführungskosten schon abgezogen sind) werden somit allein Ausländer erbringen, die nach oder durch Deutschland fahren. Dobrindt setzt dabei vor allem auf Tagesgeschäftsreisende. Mehrere Gutachten, unter anderem im Auftrag des ADAC, zweifeln seine Schätzungen an und gehen von deutlich geringeren Einnahmen aus. Die Opposition im Bundestag sieht das auch so. Für Ausländer ist die Abgabe nur auf Autobahnen fällig, Bundesstraßen dürfen sie vorerst weiterhin kostenlos nutzen. Die von Dobrindt vorgesehenen Kontrollen sind letztlich nur bei ausländischen Fahrzeugen nötig.
Zwei Hürden
Zwei Hürden muss die Infrastrukturabgabe nun noch nehmen. Am 7. Mai ist der Bundesrat dran. Aufhalten kann er das Gesetz nicht, doch könnte er es in den Vermittlungssauschuss verweisen und damit verzögern. In den SPD-regierten Ländern wird das auch erwogen, um weitere Veränderungen zu erwirken – aber Beschlüsse dazu gibt es noch nicht. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil meint, dass man die bestehenden Bedenken in ein politisches Verfahren einmünden lassen sollte, statt auf Gerichtsentscheidungen zu hoffen. Andere sehen eher weniger Sinn in einem Vermittlungsverfahren, in dem am Ende wenig zu holen sein könnte.
Und dann ist da noch die europäische Ebene. Dobrindt versichert zwar, sein Vorhaben sei mit EU-Recht vereinbar, Ausländer würden gegenüber Deutschen nicht diskriminiert. Aber ob die EU-Kommission nicht doch noch Bedenken formuliert, ist unklar. In Brüssel hat man zuletzt eine zu geringe Preisdifferenz zwischen Kurzzeit- und Jahresvignetten kritisiert. Letztlich müsste der Europäische Gerichtshof entscheiden. Aber dann ist die Infrastrukturabgabe, die irgendwann im Jahr 2016 starten soll, wohl längst eingeführt. Und der Maut-Minister von der CSU hat dann vermutlich den nächsten Abschnitt seines Politikerlebens begonnen.