Streit um Helmut Kohls Tonbänder: Sein Wort gehört ihm
Auch das zweite Gericht, diesmal das Oberlandesgericht Köln, gibt Helmut Kohl recht. Er darf die gut 200 Tonbänder behalten, auf denen der Publizist Heribert Schwan die Gespräche aufgezeichnet hat, die Grundlage für Kohls Memoiren werden sollten.
Über diese Erinnerungen habe der Altkanzler das alleinige Bestimmungsrecht, das umfasse auch „die Aufzeichnung seiner Stimme“, sagte der Vorsitzende Richter Hubertus Nolte. Der Spruch war juristisch wohl ziemlich zwangsläufig, das deutsche Urheberrecht ist so gestrickt. Schwan, ein früher Kohl-Biograf, war bei den „Erinnerungen“ nur Ghostwriter. Das Gericht erklärt ihn vollgültig zum Gespenst, „völlig im Hintergrund“, auswechselbar und ja auch tatsächlich inzwischen von Kohl entlassen, also nunmehr rechtlos.
Ganz sicher war der Richter Nolte der Sache mit dem Stimmrecht aber erkennbar nicht. Mit Recht. Die 630 Stunden Gespräch seien nicht vergleichbar einem Interview mit einem Journalisten, fand das Gericht zum Beispiel – das erkenne man schon daran, dass Kohl immer wieder Sätze gesagt habe wie: „Das schreiben Sie jetzt aber nicht!“ Dies zeugt nun von rührender Ahnungslosigkeit – der Satz ist Standard in Gesprächen zwischen Journalisten und Politikern. Helmut Kohl hat ihn zu seiner aktiven Zeit sogar dialektisch genutzt. Bei ihm hatte die Mahnung: „Das schreibt ihr jetzt aber wirklich nicht!“ die Funktion, den Rest der offiziell vertraulichen Unterhaltung stillschweigend zur Verwendung freizugeben, natürlich ohne dass der Urheber kenntlich wurde.
Die Zeitgeschichte ist das Hauptproblem des Urteils
Aber das Hauptproblem des Urteils ist die Zeitgeschichte. Historisch sind die Bänder, weil Kohl seit seinem Unfall nur noch schwer sprechen kann, vor allem aber weil sich darauf auch seine vermutlich letzte Sicht auf Wahlniederlage, Rücktritt und Spendenaffäre findet.
Schwan hat für den Fall seines Sieges vor Gericht Kohls Stimme dem Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung versprochen. Er denkt jetzt über eine weitere Revision beim Bundesgerichtshof nach.
Die ist aber teuer. Deshalb hat der Ghostwriter an die Stiftung und an frühere CDU-Größen appelliert, sich an den Kosten zu beteiligen. Seine kleine Auswahl prospektiver Spender zeugt von Kennerschaft: Norbert Blüm, Heiner Geißler, Kurt Biedenkopf haben mit dem Alten manche Rechnung offen – nicht zuletzt deshalb, weil Kohl gewisse andere Worte bis heute zu seiner Privatsache erklärt hat: Ehrenworte.