Abgeschobener Clanchef zurück in Bremen: Seehofer will illegale Rückkehr nach Deutschland unterbinden
Wegen des zurückgekehrten Clanchefs Miri will Innenminister Horst Seehofer mehr Grenzkontrollen. Doch das könnte die Bundespolizei vor Probleme stellen.
Für Horst Seehofer (CSU) war der Fall offenbar so heikel, dass er schnell reagieren wollte: Nachdem der kürzlich in den Libanon abgeschobene Clan-Chef Ibrahim Miri unerlaubt wieder in Deutschland auftauchte und Asyl beantragte, schaltete sich nun der Bundesinnenminister ein. Er möchte künftig verhindern, dass Personen, die mit einer Einreisesperre belegt sind, illegal zurück in die Bundesrepublik kommen können. Seehofers Erlass sieht vor, dass die Bundespolizei ab sofort ihre Kontroll- und Fahndungsmaßnahmen intensiviert – vor allem unmittelbar an den Grenzen.
Personen mit einer Einreisesperre für Deutschland sollten so möglichst schon an der Grenze zurückgewiesen werden, erklärte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet. „Der Fall Miri ist ein Lackmustest für die wehrhafte Demokratie. Wenn sich der Rechtsstaat hier nicht durchsetzt, verliert die Bevölkerung das Vertrauen in unser gesamtes Asylsystem“, sagte Seehofer dem Blatt. Die Bundespolizei solle zeitlich flexible Kontrollen an allen deutschen Grenzen durchführen – also nicht mehr nur an der deutsch-österreichischen Grenze. Die Schleierfahndung solle ausgeweitet werden. Dabei handelt es sich um Personenkontrollen ohne konkreten Anlass.
Unabhängig von den Grenzkontrollen setzt sich Seehofer dafür ein, dass Ausländer, die trotz einer Einreisesperre wieder nach Deutschland gekommen sind, bis zum Abschluss ihres Verfahrens in Haft genommen werden. Dafür müssten allerdings bestehende Gesetze geändert werden, wie Seehofers Sprecher einräumte.
Sinnvolle Maßnahmen oder Aktionismus? Während Seehofers Vorstoß in der Union und bei den Polizeigewerkschaften auf Wohlwollen stößt, kommt aus der Opposition scharfe Kritik.
Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic warf Seehofer vor, er stelle „wieder einmal eine Schlagzeile über die realen Erfordernisse der inneren Sicherheit“. Es könne nicht sein, dass die ohnehin überlastete Bundespolizei nun noch stärker an den Grenzen eingesetzt werde und die Dienststellen in der Fläche immer häufiger unbesetzt blieben. Mihalic sagte dem Tagesspiegel, Seehofer setze darauf, die Nadel im Heuhaufen an der Grenze zu finden und schwäche beispielsweise die Präsenz der Polizei an Kriminalitätsschwerpunkten wie Bahnhöfen. „Welcher Schildbürgerlogik folgt das denn?“, fragte sie.
Tatsächlich hat die Bundespolizei große Personalprobleme. Die Besetzung von Stellen kommt langsamer voran als von Seehofer geplant: Wie aus der Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht, sind zum Stichtag 1. September 2019 über 6900 Planstellen und Stellen unbesetzt. Zugleich sind jedoch für 2020 wieder bereits gut 2100 zusätzliche noch zu besetzende Stellen geplant. Bis Ende 2020 gehen außerdem etwa 1100 Beamtinnen und Beamte in den Ruhestand. Die FDP kritisierte, dass nicht genügend Bewerber zur Verfügung stünden, um diese Lücken zu füllen.
Die FDP fordert eine bessere Ausstattung der Bundespolizei
Nach Seehofers neuestem Vorstoß in Richtung Grenzkontrollen forderte die FDP eine bessere personelle Ausstattung der Bundespolizei und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg warf Seehofer vor, er habe schon vor einem Jahr angekündigt, die Bundespolizei werde Wiedereinreiseverbote endlich konsequent durchsetzen. „Passiert ist offensichtlich nichts.“
Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagte, die Mischung von zeitlich flexiblen Grenzkontrollen und einer Ausweitung der Schleierfahndung sei zwar „für eine Filterfunktion im Grenzraum optimal“. Allerdings wies er darauf hin, dass eine hundertprozentige Kontrolldichte wegen der Personalknappheit nicht möglich sei. Die Bundespolizei fahre schon jetzt „unter Volllast“.
Zudem sehen Oppositionspolitiker in Seehofers Plan, die Grenzkontrollen zu intensivieren, einen „Angriff auf die europäische Freizügigkeit“, wie es etwa die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulla Jelpke, auf Nachfrage des Tagesspiegels formuliert. Sie hält zudem die angekündigte Schleierfahndung für eine schlechte Idee, denn die Bundespolizei kontrolliere dabei „erfahrungsgemäß in erster Linie Menschen, die sie aufgrund ihres vermeintlich nicht deutschen Aussehens für verdächtig hält“.
Wie praktikabel die Pläne Seehofers angesichts von Personalmangel und nötigen Gesetzesänderungen sind, ist also fraglich. Der Auslöser selbst, Clan-Chef Miri, sitzt derzeit in Abschiebehaft, am Mittwoch hatte er eine Anhörung im Bamf zu seinem Asylantrag. Er ist nach eigenen Angaben mithilfe von Schleppern wieder nach Deutschland gelangt.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt stellte sich hinter die Pläne von Innenminister Seehofer. „Wer gegen ein Wiedereinreiseverbot verstößt, muss ins Gefängnis“, sagte er. „Das müssen wir jetzt zügig gesetzlich regeln.“ Es sei der richtige Weg, dass Seehofer jetzt die Kontrollen auf alle deutschen Grenzen ausweite.
Maria Fiedler