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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Ende Juni in der Bundespressekonferenz.
© Tobias SCHWARZ/AFP

„Alan Kurdi“ und „Alex“: Seehofer will einige Flüchtlinge von Rettungsschiffen aufnehmen

Der Bundesinnenminister hat sich zu zu einer „europäisch-solidarischen Lösung“ bereiterklärt. Pro Asyl fordert ein Ende des „Geschachers“ um die Geretteten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat der EU-Kommission angeboten, einen Teil der Flüchtlinge von den Rettungsschiffen "Alan Kurdi" und "Alex" in Deutschland aufzunehmen. Die Bundesregierung sei "im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung bereit, einen Teil der aus Seenot Geretteten aufzunehmen", erklärte Seehofer am Samstag. Dies habe er bereits am Freitagvormittag der EU-Kommission mitgeteilt und um Koordinierung gebeten.

Das Schiff "Alan Kurdi" der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye hatte nach eigenen Angaben am Freitag 65 Menschen von einem Schlauchboot im Mittelmeer gerettet und Kurs auf die italienische Hafenstadt Lampedusa genommen. Ein Angebot der libyschen Küstenwache, den Hafen der Stadt Sawija als "Place of Safety" anzulaufen, lehnte das Rettungsschiff ab.

Am Samstagmorgen teilte Sea-Eye auf Twitter mit, die "Alan Kurdi" warte in internationalen Gewässern vor Lampedusa. Die italienische Finanzpolizei sei "persönlich vorbeigekommen", um ein Dekret des Innenministers Matteo Salvini zu überbringen: "Der Hafen ist zu." In Deutschland gebe es hingegen "über 70 aufnahmebereite Städte".

Das Segelboot "Alex" der italienischen Organisation Mediterranea hatte am Donnerstag nach eigenen Angaben 54 Migranten an Bord genommen. Salvini unterzeichnete daraufhin auch in diesem Fall ein Dekret, um dem Segelboot die Einfahrt in italienische Gewässer zu untersagen. Das Hilfsbündnis erklärte das Dekret für "unrechtmäßig".

In der Debatte um den Umgang mit Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer forderte Pro Asyl am Samstag ein Ende des "Geschachers" von Fall zu Fall. Seehofer müsse das "unwürdige Schiff-für-Schiff-Geschachere" beenden, erklärte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, noch vor der Mitteilung des Innenministeriums. Deutschland müsse die Initiative ergreifen, sodass in einem geordneten Verfahren Gerettete aufgenommen werden.

Bisher verharre die Bundesregierung "in einer unerträglichen Prinzipienreiterei" und wolle möglichst alle Bootsflüchtlinge in den Erstanlandestaaten des Mittelmeers belassen, kritisierte Pro Asyl. "Auf Biegen und Brechen" werde alles getan, um einen geordneten Aufnahmemechanismus zu verhindern.

Pro Asyl: Seehofer verhandelt, „bis Situation eskaliert“

"In Deutschland sinken die Flüchtlingszahlen drastisch, die Aufnahmekapazitäten stehen leer und der Innenminister hat nichts besseres zu tun, als um die Verteilung von einigen Dutzend Menschen" so lange zu verhandeln, "bis die Situation auf den Rettungsschiffen eskaliert", warf Burkhardt Seehofer vor. Wer aus Libyen fliehe, sei traumatisiert und nur knapp Folter und Tod entronnen. Die Menschen müssten sofort an Land, forderte Burkhardt.

Derweil heizten die "dramatischen Bootsbilder" die Stimmung an und böten Rechtsextremen und Rechtspopulisten die Bilder für menschenverachtende Kampagnen, kritisierte Burkhardt weiter. Das Vorgehen der Bundesregierung spiele "den Rechtsextremen in den südlichen Staaten in die Hände".

Ein Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch hatte vorige Woche trotz eines Verbots Italiens Kurs auf die italienischen Hoheitsgewässer genommen und mit zuletzt noch 40 Migranten an Bord im Hafen Lampedusas angelegt. Die deutsche Kapitänin Carola Rackete war daraufhin festgenommen und erst am Dienstag wieder freigelassen worden. (AFP)

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