Konflikt mit Länder-Innenministern: Seehofer kritisiert zu wenige Abschiebungen nach Afghanistan
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will mehr Afghanen heimschicken. Die meisten Bundesländer ziehen aber nicht mit.
Der Dissens schwelt weiter. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bleibt unzufrieden über die Kooperation der Bundesländer bei der Abschiebung ausreisepflichtiger Flüchtlinge in ihre Heimat. Das betrifft vor allem die Rückführung von Afghanen. Sie stellen die größte Gruppierung Zuwanderer, die Deutschland verlassen müssten. Bis Ende September seien 22 331 afghanische Staatsangehörige ausreisepflichtig gewesen, heißt es im Bundesinnenministerium. Zurückgeführt worden seien bis vergangene Woche lediglich 317 Afghanen. Über die enorme Diskrepanz wird Seehofer nach Informationen des Tagesspiegels nun wieder mit den Länderkollegen sprechen.
Bei der Herbsttagung der Innenministerkonferenz (IMK), die am Mittwoch in Lübeck beginnt und am Freitag endet, will der CSU-Politiker für eine deutliche Zunahme der Abschiebungen von ausreisepflichtigen Flüchtlingen werben. Vor allem im Fall der Afghanen. Schon bei früheren IMK-Treffen hatte Seehofer einen Anstieg gefordert.
Fast alle Länder tun sich mit Abschiebungen in das vom Bürgerkrieg geplagte Afghanistan schwer. Zu den wenigen Ausnahmen zählt Bayern. Das BMI nennt einen exemplarischen Fall. Am 6. November beteiligten sich an einer Abschiebung ins Land am Hindukusch sechs Bundesländer. Im Flugzeug saßen 36 Afghanen, 25 kamen aus Bayern.
Pro Flug aus Deutschland sollen nicht mehr als 50 Afghanen kommen
Dass die zögernden Länder Seehofer entgegenkommen, ist fraglich. Die meisten Amtskollegen wollen nur Straftäter und Gefährder nach Afghanistan zurückschicken. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte schon bei der IMK-Tagung im Juni, Afghanistan sei kein Land, in das mit gutem Gewissen „unbescholtene Menschen oder Familien mit Kindern abgeschoben werden können“.
Nordrhein-Westfalens Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) meinte jetzt, Seehofer solle lieber „stabile Rücknahmeabkommen“ vereinbaren, anstatt über die Länder zu lamentieren. Die Regierung in Kabul nimmt zudem nur spärlich geflüchtete Landsleute zurück. Pro Flug sollen aus Deutschland nicht mehr als 50 Afghanen kommen. Da die Mehrheit der Innenminister vorrangig Flüchtlinge loswerden will, die als gefährlich gelten, sind die Plätze in den Maschinen rasch mit Kriminellen und Extremisten besetzt.
Einen Konsens gibt es aber offenbar im Fall Syrien. Die IMK wird vermutlich beschließen, den Abschiebestopp bis Juni 2020 zu verlängern.