Konservativer Multimillionär: Sebastián Piñera gewinnt Präsidentenwahl in Chile
Der konservative Unternehmer erzielt einen klaren Wahlsieg. Er vermeidet aber eine Konfrontation mit der bislang regierenden Mitte-Links-Koalition.
Mit Sebastián Piñeras Wahlsieg in Chile wird der Rechtsruck in Südamerika fortgesetzt. Argentiniens Staatschef Mauricio Macri hatte bereits für diplomatische Aufruhr gesorgt, als er in einer Videobotschaft zwei Tage vor der chilenischen Stichwahl vom Sonntag seinem „alten Freund“ Piñera Unterstützung zusagte. Und die brasilianische Regierung Michel Temers war eine der ersten, die nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses dem neu gewählten Präsidenten Chiles gratulierte und sich zu einer engeren Zusammenarbeit bereit erklärte.
Der Regierungswechsel in Chile ist dennoch nicht mit den konfrontativen Machtwechseln in Brasilien und Argentinien gleichzustellen, als Dilma Rousseff des Amtes enthoben und Cristina Fernández de Kirchner zahlreichen Korruptionsanklagen ausgesetzt wurde. Piñera lud am Sonntagabend in einem freundlichen Telefonat die abgehende Präsidentin Michelle Bachelet ein, am Montag bei einem gemeinsamen Frühstück die Probleme Chiles zu besprechen. Und vor seinen Anhängern lobte er seinen unterlegenen Rivalen, den Mitte-Links-Kandidaten Alejandro Guillier, und rief zur Einheit auf.
Einer der reichsten Männer in Chile
Piñera, einer der reichsten Menschen in Chile, gehörte schon immer dem gemäßigteren Flügel des rechten Lagers an, der es vermied, mit dem Erbe der Pinochet-Diktatur direkt belastet zu werden.
Vor acht Jahren hatte er bereits das Präsidentenamt von Bachelet übernommen, als erster konservativer Staatschef (2010-2014) nach dem Abgang der Militärs. Damals hatte er mit dem Rückenwind hoher Kupferpreise einen Wirtschaftsaufschwung mit Wachstumsraten von jährlich um fünf Prozent angeführt. Sein Manager-Image als Staatsführer erfuhr auch einen starken Zuschlag mit der erfolgreichen Rettung der 33 Kumpel, die in einer Mine in Nordchile 70 Tage in 720 Metern Tiefe verschüttet waren.
In Chile darf es keine Wiederwahl in direkt folgenden Amtsperioden geben. Die nächste Wahl gewann wieder Bachelet. Und jetzt wiederholt sich die Amtsübergabe von der Sozialdemokratin an den Unternehmer. Piñera hatte im Wahlkampf auf ein Ankurbeln des zuletzt stagnierenden Wirtschaftswachstums Chiles gesetzt, in Anlehnung an seine eigene Erfolgszeit. Sein Rivale Guillier hatte sich dagegen für die Fortsetzung von Bachelets Reformprogramm eingesetzt, unter anderem für allgemeine gebührenfreie Bildung und eine liberalere Verfassung.
„Es bleiben noch viele Kumpel, die wir von der Armut retten müssen“
Nachdem Piñera die erste Wahlrunde mit weit weniger Stimmen als erwartet gewonnen hatte, lenkte er auf Rat einiger seiner Mitstreiter auf das Reformprogramm ein: er werde die von Bachelet eingeleitete gebührenfreie Universitätsstudien auf weitere Bildungsbereiche erweitern. Und auch das stark kritisierte private Pensionssystem, das zu Zeiten Pinochets eingeführt wurde, müsse überdacht werden.
„Es bleiben noch viele Kumpel, die wir von der Armut retten müssen“, sagte Piñera vor seinen Anhängern am Sonntagabend. Er hatte es erreicht, sich als Hoffnungsträger in einem relativ wohlhabenden Land klaffender sozialer Ungleichheit aufzustellen. Und somit einen unerwartet soliden Wahlsieg um knapp zehn Prozentpunkte erlangt.
„Ich verpflichte mich, der Präsident der Einheit zu sein“, sagte Piñera nach dem Wahlsieg. Er wird damit sicherlich nicht alle Politiker überzeugen. Aber einige einzelne Stimmen im Parlament, wo er knapp die eigene Mehrheit verpasst hat, könnte er für sich gewinnen. Vor allem, wenn er wie angekündigt nicht versucht, alle Reformen Bachelets wieder abzubauen. (dpa)
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