Umfrage nach TV-Duell: Schwerer Rückschlag für Martin Schulz
Vom TV-Duell hatte sich die SPD eine Trendwende für die Bundestagswahl erhofft. Doch nun sackt sie auf 21 Prozent ab. Ein solches Ergebnis würde die Partei erschüttern.
Sechzehn Tage vor der Bundestagswahl sehen sich die SPD und ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz mit verheerenden Umfragewerten konfrontiert. Dem ARD-Deutschlandtrend zufolge verlieren die Sozialdemokraten im Vergleich zur Vorwoche zwei Prozentpunkte und liegen nun nur noch bei 21 Prozent. CDU und CSU kommen in der Erhebung von Infratest Dimap unverändert auf 37 Prozent. Der Abstand zur Union ist demnach auf 16 Prozentpunkte gewachsen.
Die großen Hoffnungen der SPD-Führung auf eine Trendwende infolge des TV-Duells mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am vergangenen Sonntag sind damit verflogen. Die Genossen hatten sich von der direkten Konfrontation des Kandidaten mit der Amtsinhaberin einen Schub für die letzte Phase des Wahlkampf erhofft. Ein Zuwachs in den Umfragen von mindestens zwei Prozentpunkten sei zu erwarten, hieß es.
Die am Donnerstag veröffentlichten miesen Umfragewerte kann sich Fraktionsvize Axel Schäfer nicht erklären. "Diese Umfrage deckt sich in keiner Weise mit der Zustimmung, die Martin Schulz und die SPD im Wahlkampf erleben", sagte er dem Tagesspiegel. Seine Partei werde von nun an bis zum Wahltag due Unterschiede zur Union "noch deutlicher machen, damit die Bürger sehen, dass sie eine Auswahl haben".
Der aktuelle Wert von 21 Prozent liegt deutlich unter dem schlechtesten SPD- Bundestagswahlergebnis nach 1949. Mit ihrem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier hatten die Sozialdemokraten 2009 nur 23 Prozent erreicht und mussten nach vier Jahren großer Koalition in die Opposition gehen. Union und FDP übernahmen die Regierung. Bei der Wahl 2013 konnte Kandidat Peer Steinbrück das Ergebnis immerhin auf fast 26 Prozent steigern. Die SPD zog zum zweiten Mal als Juniorpartner in ein Regierungsbündnis mit Kanzlerin Angela Merkel.
Die Regierungsbildung könnte schwierig werden
Sollte sich die ARD-Umfrage bewahrheiten, wäre nach dem Wahltag lediglich eine erneute große Koalition oder ein Jamaika-Bündnis von Union, FDP und Grünen möglich. Die Liberalen erreichen laut den Demoskopen neun, die Grünen acht Prozent. Die AfD kann mit elf, die Linkspartei mit zehn Prozent rechnen. Eine Regierungsbildung würde damit äußerst schwierig. Jamaika gilt wegen großer inhaltlicher Differenzen der beteiligten Parteien als kaum zu realisieren.
Aber auch eine große Koalition wäre alles andere als ein Selbstläufer. Bei einem Wahlergebnis um die 20 Prozent könnte die SPD-Basis nach Einschätzung führender Genossen sehr wahrscheinlich nicht mehr für eine dritte große Koalition gewonnen werden. Die Gefahr sei groß, dass die SPD-Führung bei einem notwendigen Mitgliederentscheid über eine dritte große Koalition Schiffbruch erleide. "An der Basis ist die Stimmung eindeutig gegen eine große Koalition", berichtet etwa Fraktionsvize Schäfer.
Auch ist keineswegs ausgemacht, dass das heutige Führungsteam der SPD dann weiter amtieren würde. Zwar konnte Kanzlerkandidat und Parteichef Schulz trotz des seit Monaten unverändert großen Abstands zur Union in den Umfragen bisher auf die Unterstützung aller Parteiflügel bauen. Ein desaströses Wahlergebnis aber würde seine Autorität infrage stellen und die Frage nach einem Wechsel an der Parteispitze aufwerfen.
Manche in der SPD hoffen darauf, dass Schulz bei einer solchen Niederlage den Weg für einen Generationswechsel in der Führung freimacht und sein Amt aus eigenem Entschluss niederlegt. Eine erste Weichenstellung wird nach dem 24. September von der Entscheidung über den Vorsitz der dann voraussichtlich deutlich verkleinerten SPD-Bundestagsfraktion erwartet. Amtsinhaber Thomas Oppermann erklärte am Donnerstag, er würde gerne weitermachen. Allerdings drängen die Frauen in der SPD darauf, in Spitzenpositionen und auch in der Fraktion besser vertreten zu sein. Als Favoritin für den Posten an der Fraktionsspitze für den Fall eines Wechsels gilt Arbeitsministerin Andrea Nahles.
Stephan Haselberger, Hans Monath