Plakate in Stockholmer U-Bahn: Schweden entsetzt über Wahlkampagne rechtspopulistischer Partei
In einer U-Bahnstation in Stockholm hängen Plakate in den Farben des Landes. Sie entschuldigen sich für das "Chaos" mit den Obdachlosen im Land - auf Englisch. Gegen diese Aktion der rechtsgerichteten Schwedendemokraten formierte sich rasch Widerstand.
Die rechtspopulistische schwedische Partei SD (Schwedendemokraten) hat eine ausländerfeindliche Kampagne auf Englisch ins Leben gerufen. "Sweden should do better than this (Schweden sollte es besser können als das hier)" steht beispielsweise auf einem riesigen Plakat in der U-Bahnstation Östermalmstorg in Stockholm. Mit weiteren Plakaten, übersäht mit Blümchen in den Nationalfarben des Landes, entschuldigt sich die rechtspopulistische Partei für die gegenwärtige "Unordnung" im Land und verspricht, dieses Chaos zu beseitigen. "We have a serious problem with forced begging! International gangs profit from people's desperation" (Wir haben ein ernsthaftes Problem mit Zwangsbettelei! Internationale Banden profitieren von der Verzweiflung der Menschen).
Die Blümchen sind das Markenzeichen der Partei und finden sich auf deren Homepage - hier sind auch ähnlich lautende Sprüche zu finden, allerdings ohne die Passagen mit den Obdachlosen. Auf Facebook bekennt sich die Partei offen zu den Plakaten in den U-Bahnstationen. Die Aktion läuft seit Montag. Die Partei um ihren aktuellen Vorsitzenden Jimmie Akesson wurde 1988 gegründet und hat ihre Wurzeln in der rechtsextremistischen Bewegung "Bevara Sverige Svenskt" (Bewahrt Schweden schwedisch). In der Vergangenheit hatte sich die Partei immer wieder darüber beschwert, nicht ausreichend Werbung machen zu können, da viele Zeitungen des Landes ihre Anzeigengesuche ablehnen würden.
Jesper Pettersson, ein Sprecher der Partei, verteidigt die Kampagne: Die Unternehmenspolitik erlaube es allen Parteien, bei den Verkehrsbetrieben zu werben, solange sie sich im legalen Bereich aufhielten.
"Wir sind schockiert, dass unser U-Bahn-Betreiber diese Art rassistischer Meinungsäußerung gegenüber einer Bevölkerungsgruppe gestattet. Sie nennen sie (die Bettler) Unordnung ("mess"), als würden sie sie gleich wegsäubern wollen“, zitiert die schwedische Nachrichtenseite The Local Sweden eine der Organisatorinnen des Protests, die Radiomoderatorin Amie Bramme Sey. Es sei "feig und mies" von den Schwedendemokraten, gegen Roma, die ärmste und am meisten diskriminierte Gruppe in Europa, vorzugehen, sagt Sven Hovmoller von der Hilfsorganisation Hemlösa EU-Migranter (HEM).
In der Bevölkerung und den sozialen Netzwerken löste die Plakat-Aktion viel Erregung aus. Die dargestellten Obdachlosen sehen aus wie Roma oder hungernde Flüchtlinge. Passanten und Aktivisten entfernten einige der Plakate. "Wir haben einige Probleme mit Idioten hier in Schweden", schreibt jemand auf Facebook, dazu zeigt er ein Foto von einem Mann, der die umstrittenen Plakate entfernt.
Bei einer Demonstration mit rund 1000 Teilnehmern wurden am Dienstagabend in der U-Bahn von Stockholm zahlreiche Plakate demonstrativ abgerissen. Auf Facebook verweisen einige Nutzer auf die Rechtschreibfehler, die den Schwedendemokraten unterlaufen sind. So wird zum Beispiel das englische Wort für Regierung (goverment statt government) falsch geschrieben. Mittlerweile gibt es einige Gegen-Kampagnen, die sich für den Rassissmus der Partei schämen und für deren Verhalten entschuldigen (auf Englisch). Viele vermuten, dass die Aktion der SD auf Englisch gehalten ist, um sich auch an Touristen zu richten. Wahrscheinlich soll durch die "Entschuldigung" eine Art Schamgefühl bei der schwedischen Bevölkerung ausgelöst werden.