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Die Verhandler Al-Wazir (links) und Bouffier.
© dpa

Hessen: Schwarz und Grün in Harmonie

In Hessen steht der Koalitionsfahrplan – doch einige strittige Punkte sind noch ungeklärt. Und manches Problem wird an Kommissionen delegiert. Zum Beispiel der Verfassungsschutz.

Wiesbaden - Der politische Fahrplan für die erste schwarz-grüne Landesregierung in Hessen steht – das war die gemeinsame Botschaft von CDU-Generalsekretär Peter Beuth und dem Koordinator der grünen Verhandlungsgruppe, Kai Klose. Sie seien optimistisch, bereits Anfang nächster Woche einen Koalitionsvertrag vorlegen zu können, versicherten die beiden am Dienstag bei der Präsentation erster Ergebnisse ihrer Verhandlungen.

Sie mussten allerdings einräumen, dass die Klärung der wichtigsten Streitfragen noch aussteht. Bleibt es in Hessen beim freiwilligen Polizeidienst, den die Grünen stets erbittert als Laienpolizei bekämpft hatten? Werden wegen des Rückgangs der Schülerzahlen Lehrerstellen gestrichen und wenn ja, wie viele? Kommt das umstrittene Landesschulamt, das die FDP gegen Widerstand auch aus der CDU durchgesetzt hat und dessen Leitung die noch amtierende FDP-Kultusministerin Nicola Beer weiter besetzen will?

Immerhin gibt es auch ein paar konkrete Beschlüsse: Hessische Polizeibeamte sollen künftig an einem Namensschild oder auf Wunsch mit einer Personalnummer eindeutig identifizierbar sein, um mögliche Übergriffe verfolgen zu können. Die Quoren für Bürgerentscheide auf Kommunalebene werden abgesenkt; in den großen Städten sollen zukünftig bereits 15 Prozent der Wahlbevölkerung Volksabstimmungen erzwingen können.

Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen alle Eltern behinderter Kinder selbst entscheiden dürfen, ob sie ihr Kind auf eine Förder- oder eine Regelschule schicken. An allen hessischen Grundschulen wird ein Betreuungsangebot bis 14.30 Uhr angeboten, dessen Finanzierung das Land übernimmt. Allerdings bedarf es für die groß angekündigte „Betreuungsgarantie“ bis 17.30 Uhr der Kooperation. Städte und Landkreise sollen für einen „Betreuungspakt“ gewonnen werden und die Nachmittagsbetreuung sicherstellen.

Für den Verfassungsschutz soll eine „Regierungskommission“ Konsequenzen aus dem Versagen der Behörden beim NSU-Skandal vorschlagen. Die überfällige Überarbeitung der hessischen Landesverfassung, die noch immer die Todesstrafe für Kapitalverbrechen vorsieht, wird an einen „Verfassungskonvent“ delegiert. Und die Konzeption der Schullandschaft soll auf einem „Bildungsgipfel“ unter Beteiligung aller Betroffenen und aller politischen Parteien gefunden werden. Ziel sei auch in Hessen ein „Schulfrieden“ nach dem Vorbild Nordrhein- Westfalens, so CDU und Grüne.

Die Journalistenfrage, ob angesichts der vielen eingesetzten Kommissionen das schwarz-grüne Bündnis als „Vertagungskoalition“ bezeichnet werden dürfe, wiesen beide Unterhändler entschieden zurück. Es gehe um transparente Verfahren unter Einbeziehung der Betroffenen, sagte der Grüne Kai Klose.

Die alten Feindschaften zwischen CDU und Grünen scheinen vorläufig überwunden zu sein. Man habe sich gemeinsam bei der Betrachtung einer Fernsehsatire amüsiert, in der CDU-Landeschef und Ministerpräsident Volker Bouffier in einer düsteren Mönchskutte als Inkarnation des Bösen um den lauteren Grünen-Chef Tarek Al-Wazir wirbt, berichteten Beuth und Klose vergnügt. Christoph Schmidt Lunau

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