Vorratsdatenspeicherung: Schwarz-Gelb kommt nicht zusammen
Brüssel hat Deutschland verklagt, weil es die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzt. Schuld ein Zwist zwischen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Jetzt könnte es teuer werden.
Wenn sich die Parteichefs von CDU, CSU und FDP am Montag zusammensetzen, um zu beraten, wie man einigermaßen schadensfrei bis zur Bundestagswahl kommen will, dürfte ein Thema besonders schnell abgehandelt sein: die Vorratsdatenspeicherung. Nicht, weil man sich dort einig wäre. Im Gegenteil.
Für Einigkeit wird wohl auch die Tatsache nicht sorgen, dass die EU-Kommission Deutschland inzwischen vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt hat, weil hier die europäische Richtlinie bei der Vorratsdatenspeicherung nicht fristgerecht umgesetzt wird. Diese Richtlinie aus dem Jahr 2006 sieht vor, dass Telekommunikationsdaten pauschal und damit ohne konkreten Anlass sechs Monate lang zu Fahndungszwecken gespeichert werden. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stemmt sich gegen diese anlasslose Speicherung. Sie hat vorgeschlagen, Daten nur dann über einen längeren Zeitraum zu speichern, wenn ein konkreter Verdacht besteht. Das lehnen die EU-Kommission und auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ab. Dieser erhöhte den Druck auf das Justizministerium. „Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, sie muss jetzt nur noch handeln“, forderte er Leutheusser-Schnarrenberger auf. Ihr Ministerium reagierte gelassen. Die Klage sei erwartbar gewesen.
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Die Liberalen sehen in der Vorratsdatenspeicherung ein gutes Thema, um ihr Profil als Bürgerrechtspartei zu schärfen. Sie verweisen zudem darauf, dass die EU-Kommission selbst angekündigt hat, die Richtlinie überarbeiten zu wollen. „Die Klage ist ein Schildbürgerstreich. Denn da verklagt die Kommission Deutschland wegen einer Richtlinie, die sie selbst infrage stellt“, sagt der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, dem Tagesspiegel. Man müsse vielmehr die Kommission auf Untätigkeit verklagen, „denn seit Jahren warten wir nun schon auf einen Abschluss der Evaluation für eine neue Richtlinie, aber da ist bis jetzt nichts passiert“.
Zwar haben andere EU-Staaten die Richtlinie umgesetzt oder sind auf dem Weg dahin. Viele Mitgliedstaaten aber halten die Regelung für zu weitreichend. Sollte Deutschland zu Strafzahlungen verurteilt werden, könnten die teuer sein. Denn die EU-Kommission schlägt für jeden Tag ab dem Urteil bis zur Beendigung des Verstoßes ein Zwangsgeld von 315 036 Euro vor. Eine Entscheidung des Gerichts wird aber wohl erst 2013 fallen.
Doch selbst bis dahin scheint eine Einigung nicht in Sicht. Und auch CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach hat die Hoffnungen bereits aufgegeben, dass Leutheusser-Schnarrenberger noch von ihrer Position abrücken wird. „Sie wird wohl bis zum bitteren Ende bei ihrer Haltung bleiben“, sagte er. Deshalb glaubt der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses auch nicht mehr an eine Einigung in dieser Legislaturperiode. Allerdings sagte er auch: „Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler für die starre Haltung von Frau Leutheusser-Schnarrenberger aufkommen muss. Das kann dann auch nicht die Haltung der gesamten Bundesregierung sein.“