Verzicht auf Außenministerium: Schulz gibt auf
Der scheidende SPD-Chef beugt sich innerparteilichem Druck und verzichtet auf das Außenministerium. Bleibt jetzt Gabriel im Amt?
Der scheidende SPD-Vorsitzende Martin Schulz verzichtet nach dem Parteivorsitz auch auf das Amt des Außenministers. „Wir alle machen Politik für die Menschen in diesem Land. Dazu gehört, dass meine persönlichen Ambitionen hinter den Interessen der Partei zurückstehen müssen“, ließ er in einer schriftlichen Erklärung am Freitagmittag mitteilen.
Schulz zog damit die Konsequenzen aus dem erheblichen Unmut an der SPD-Basis über seinen geplanten Wechsels ins Kabinett Merkel. Die Verärgerung vieler Genossen über den von Schulz beabsichtigten Wortbruch – er hatte die Übernahme eines Regierungsamtes nach der Wahl definitiv ausgeschlossen – hätte dazu führen können, dass die Sozialdemokraten der ohnehin stark umstrittenen großen Koalition beim anstehenden Mitgliedervotum die Zustimmung verweigern.
Schulz erklärte dazu, es sei für ihn von höchster Bedeutung, dass die SPD-Basis beim Mitgliedervotum für den mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrag stimme. „Durch die Diskussion um meine Person sehe ich ein erfolgreiches Votum allerdings gefährdet. Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind.“
Druck kam aus Nordrhein-Westfalen
Zugleich betonte er die Verhandlungserfolge der SPD in der Sache. „Der von mir gemeinsam mit der SPD-Parteispitze ausverhandelte Koalitionsvertrag sticht dadurch hervor, dass er in sehr vielen Bereichen das Leben der Menschen verbessern kann.“ Er sei stolz darauf, dass die SPD Verbesserungen für die Bürger bei Bildung, Pflege, Rente, Arbeit und Steuer erreicht habe. Insbesondere die Neuausrichtung der Europapolitik sei ein großer Erfolg.
Nach Informationen des Tagesspiegels wurde Schulz von der nordrhein-westfälischen SPD, seinem eigenen Landesverband, zum Verzicht auf das Ministeramt gedrängt. Der Chef der NRW-SPD, Michael Groscheck, bezeichnete Schulz’ Rückzug in einer ersten Reaktion als „notwendigen Beitrag, die Glaubwürdigkeit der SPD zu stärken“. An der Parteibasis in NRW hatte Schulz’ beabsichtigter Wechsel ins Kabinett große Irritationen ausgelöst. Der Bochumer Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer sagte, der Verzicht auf das Außenamt sei der „einzig richtige“ Schritt. „Das Ministeramt zu nehmen und den Parteivorsitz niederzulegen – das ging überhaupt nicht.“
Lob von Nahles
Die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles sprach Schulz höchsten Respekt und Anerkennung aus. Die SPD wisse, wie schwer Schulz die Entscheidung gefallen sei, sich persönlich zurückzunehmen. „Das zeugt von beachtlicher menschlicher Größe“, sagte die Fraktionschefin. Mit Blick auf den Mitgliederentscheid appellierte Nahles an die SPD, sich nun „voll und ganz auf die inhaltliche Debatte zu konzentrieren“. Ähnlich äußerte sich Bundestagsvize Thomas Oppermann.
Dessen ungeachtet ging die Personaldiskussion in der SPD weiter. Der Sprecher des im „Seeheimer Kreis“ organisierten rechten SPD-Flügels, Johannes Kahrs, sprach sich dafür aus, Sigmar Gabriel für eine weitere Amtszeit als Außenminister ins Kabinett zu schicken. „Alles andere würde ich jetzt nicht mehr verstehen“, schrieb Kahrs auf Twitter. In der SPD- Spitze gibt es nach Tagesspiegel-Informationen jedoch erhebliche Vorbehalte gegenüber Gabriel. Es sei unwahrscheinlich, dass er noch einmal Minister werde, hieß es. Gabriel selbst hatte der SPD-Führung am Vortag vorgeworfen, seine erfolgreiche Arbeit als Außenminister missachtet zu haben.