Koalitionsstreit: Schreitherapie zur Traumabewältigung
FDP und CSU sich streiten sich konträr, laut und daneben. Merkel nannte die Wortwahl der Kollegen „nicht nachahmenswert“.
Zweierlei lehrt der aktuelle Koalitionsstreit um die Gesundheitspolitik. Wenn es ums Abwatschen geht, braucht es schon lange keine Opposition mehr. Und: Es gibt immer noch eine Steigerungsstufe. Am Montag erklommen CSU und FDP diesbezüglich unerreichte Höhen.
Das Startsignal zur neuerlichen Eskalation gaben die Liberalen – im Zorn darüber, dass die Christsozialen das Konzept ihres Gesundheitsministers Philipp Rösler in die Tonne getreten hatten. Daniel Bahr, Staatssekretär und Strippenzieher in Röslers Ministerium, teilte der CSU in bestem Bayern-Vokabular mit, dass sie „als Wildsau aufgetreten“ sei und sich „nur destruktiv gezeigt“ habe. Und FDP-General Christian Lindner bescheinigte CSU- Chef Horst Seehofer „ein persönliches Trauma“: In Anspielung darauf, dass Seehofer 2004 im Streit um die Kopfpauschale unionsintern unterlegen und als Fraktionsexperte zur Demission gezwungen war, unterstellte er ihm, nun „70 Millionen gesetzlich Versicherte seine Traumatherapie machen“ zu lassen.
Die Reaktion ließ nicht auf sich warten. Bei der FDP seien „zwei Sicherungen durchgeknallt, und die heißen Bahr und Lindner“, gab CSU-General Alexander Dobrindt zurück – und ernannte den Koalitionspartner zur „gesundheitspolitischen Gurkentruppe: erst schlecht spielen und dann auch noch rummaulen“. Seehofer dagegen rief um Hilfe. Es brauche nun ein „klares Wort“, von der Kanzlerin wie von FDP-Chef Guido Westerwelle. Die Angriffe seien „unerträglich“ und nicht hinnehmbar, klagte der Parteichef – und meinte natürlich nur die der Liberalen.
Es geht auch andersrum. „Wenn es Schule macht, dass man sich nicht an Vereinbarungen des Koalitionsvertrags hält, wie das hier der Fall ist, dann ist die Koalition ernsthaft in Gefahr“, sagte Bayerns FDP-Chef Martin Zeil dem Tagesspiegel. Das Ganze sei auch „eine Führungsfrage der Kanzlerin. Sie muss die CSU hier stoppen.“
Merkel nannte die Wortwahl der Kollegen „nicht nachahmenswert“ – und verlas im Kabinett eigens die Koalitionsvereinbarung, was als klare Rückendeckung für Rösler gewertet wurde. Das ändert nichts daran, dass die CDU dem immer wüster werdenden Streit zunehmend hilflos gegenübersteht. Jens Spahn, Gesundheitsexperte und grade mal 30, fühlt sich wie ein Vater, auf den keiner hören will. CSU und FDP verhielten sich „wie kleine Kinder“, klagt er. „Und langsam fangen sie mit ihrem Geschrei an zu nerven, die Kleinen.“
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