Befragung im Bundestag: Scholz spricht sich für Impfpflicht für alle Erwachsenen aus
Bundeskanzler Scholz (SPD) steht erstmals im Bundestag Rede und Antwort. Schwerpunkte der Regierungsbefragung sind Corona und das Thema Impfen.
Der Bundestag wird von diesem Mittwoch an drei Tage lang über die Politik der Ampel-Koalition beraten. Zum Auftakt steht Olaf Scholz (SPD) erstmals als Bundeskanzler in einer Regierungsbefragung den Abgeordneten Rede und Antwort. Ein Schwerpunkt in der Befragung und den Antworten des Kanzlers ist die Lage in der Corona-Pandemie.
Zunächst stört allerdings die AfD Scholz' Redeauftakt. Gegen 13.20 Uhr startet die Partei eine Plakataktion, die im Bundestag verboten ist. Auf den Plakaten steht „Freiheit statt Spaltung“. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas droht den AfD-Abgeordneten damit des Saales verwiesen zu werden, woraufhin die Plakate wieder verschwinden.
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Dann beginnt Scholz sein Eingangsstatement. Er erläutert die Corona-Politik von SPD, Grünen und FDP und geht auf die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ein. Der Kanzler verweist darauf, dass die Infektionszahlen in Deutschland zwar derzeit noch nicht so hoch sind wie in anderen Ländern. Dies gehe auf einen Kurs „großer Klarheit“ in der Corona-Politik zurück. Deutschland habe strengere Kontaktbeschränkungen als in vielen anderen Ländern, sagt der SPD-Politiker. Die weitreichenden Maßnahmen hätten „auch den gewünschten Effekt“, sagt Scholz.
Aber durch Omikron würden auch auf Deutschland viel höhere Zahlen zukommen. Zur Impfpflicht sagt er: „Ich halte sie für notwendig und werde mich aktiv dafür einsetzen.“ Er erklärte weiter: „Ich hoffe, dass es eine zügige, gute Beratung geben wird mit einem entsprechendem Ergebnis.“
In Bezug auf eine mögliche Altersgrenze spricht sich Scholz dafür aus, dass die allgemeine Impfpflicht sich an „alle Volljährigen, alle über 18-Jährigen“ richten sollte. Damit wendet er sich gegen Vorschläge, die Impfpflicht auf die über 50-Jährigen zu begrenzen oder auch Jugendliche mit einzubeziehen.
Zum Thema Boostern sagt der Kanzler: „Ich bin sehr stolz auf das, was bis Weihnachten gelungen ist.“ Zwar seien die Impfzahlen „derzeit nicht in der Größenordnung, wie wir uns das vorstellen“, so Scholz. Den Grund dafür sehe er aber in den vergangenen Feiertagen. „Das weitere Boostern ist das zentrale Instrument im Kampf gegen die Omikron-Wand“, sagt Scholz auf Nachfrage.
Thorsten Frei von der CDU stellt die erste Frage an Scholz zum Thema Impfpflicht. Der Kanzler wiederholt, dass er eine Impfpflicht für „erforderlich“ hält. Es solle unbürokratisch und schlank geschehen, so der Bundeskanzler. „Mit der Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, trifft man nicht nur eine Entscheidung für sich, sondern für alle“, betont Scholz.
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Er verteidigt, dass die Regierung zur allgemeinen Impfpflicht keinen eigenen Gesetzesentwurf vorlegen will. Die Frage der Impfpflicht sei von so grundlegender Bedeutung, dass man andere Wege gehen müsse. Der Weg über fraktionsübergreifende Gruppenanträge habe immer zu einer Befriedigung der politischen Diskussion geführt, sagt der SPD-Politiker.
Die Frage eines AfD-Abgeordneten zur Zahl der schweren Nebenwirkungen bei Impfungen beantwortet Scholz äußerst schmallippig. Martin Sichert (AfD) hatte ihm zuvor vorgeworfen, Fakten dazu zu verschweigen. „Vielen Dank für die Frage, aber nicht für die Intention, die dahintersteckt“, sagt Scholz. „Einen offenen und ehrlichen Umgang mit den Fakten wünsche ich vor allem Ihnen“, erklärt der Kanzler unter Applaus.
Als zweiten Punkt geht Scholz in seinem Eingangsstatement auf den Konflikt mit Russland ein. Die Ukraine-Krise ist „eine ernste Bedrohung der Sicherheit in Europa“, sagt Scholz. Durch die Annexion der Krim sei eine Sicherheit verloren gegangen - die Sicherheit, dass „bestehende Grenzen nicht mehr verschoben werden können“.
Weiterer Schwerpunkt in der Befragung wird die Klima- und Energiepolitik. „Wir werden das Thema Klimawandel sowohl in der EU wie auch weltweit ansprechen müssen“, sagt Scholz. Zur Energiekrise sagt der Kanzler: „Wir wollen die EEG-Umlage abschaffen“. Damit könne jede Familie mit bis zu 300 Euro entlastet werden. Außerdem betont Scholz: „Atomenergie ist nicht nachhaltig.“ Weder sei sie wirtschaftlich sinnvoll.
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Katrin Uhlig von den Grünen fragt: „Welchen Stellenwert hat der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energie?“ Scholz antwortet: „Es ist ganz klar: Wir brauchen mehr Strom“. Das müsse mit einem Ausbau von erneuerbaren Energien verbunden seien. Der Weg, den wir einschlagen, werde die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken, so Scholz. Es sei ein „teurer Weg“, bei dem viele Dinge ungeklärt seien, etwa die Entsorgungs- und unverändert die Sicherheitsfrage.
„Weil das eine solche Gefahr ist, hat sich Deutschland entschieden, aus der Nutzung der Atomkraft auszusteigen und das ist richtig“, betont er. Scholz verweist dabei auf die Pläne der Koalition aus SPD, Grünen und FDP zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, um die Versorgung aus Kernenergie und Kohle zu ersetzen.
In der dreitägigen Debatte will die neue Regierung ihre Pläne in allen Politikfeldern vorstellen. Am Mittwoch kommen unter anderem die Innen-, die Außen- und die Umweltpolitik dran. Am Donnerstag folgen die Wirtschafts- und die Klimaschutzpolitik sowie der Bereich Arbeit und Soziales, am Freitag die Finanz- und Haushalts- sowie die Verteidigungspolitik.