Atomenergie: Schneller Atomausstieg in Grafenrheinfeld
Der Energiekonzern Eon will das Atomkraftwerk in Grafenrheinfeld nicht mehr bis zum Ende seiner gesetzlichen Laufzeit betreiben. Es soll sieben Monate früher vom Netz gehen, weil es nicht mehr wirtschaftlich ist, argumentiert das Unternehmen.
Der Energiekonzern Eon will das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld in Bayern sieben Monate früher stilllegen, als es das Gesetz eigentlich vorsieht. Statt zum 31. Dezember 2015 soll die Anlage schon Ende Mai 2015 vom Netz gehen. Am Freitag hat Eon der Bundesnetzagentur und dem Netzbetreiber Tennet mitgeteilt, dass der Meiler früher als vorgesehen den Betrieb einstellen soll. "Hintergrund für die Entscheidung ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Anlage", schreibt Eon in einer Mitteilung.
Jetzt müssen Tennet und die Bundesnetzagentur prüfen, ob das Atomkraftwerk "systemrelevant" ist. Sollten sie zu diesem Schluss kommen, müsse Eon das Kraftwerk bis zum Ende der Laufzeit weiter betreiben, würde dafür aber auf Kosten aller Stromkunden entschädigt werden. Das ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Denn die Bundesnetzagentur ist auf den "Grafenrheinfeld-Winter", wie der Winter 2015/16 im Behördenjargon genannt wird, gut vorbereitet. Und vor dem Winter sind angesichts der vorhandenen Überkapazitäten sowohl konventioneller als auch erneuerbarer Art keine Engpässe zu erwarten.
Eon will sich die Brennelementesteuer sparen
Im Juni 2015 müsste Eon noch einmal einen Brennelementewechsel vornehmen, wenn die Anlage bis zum Ende ihrer Betriebsgenehmigung Strom erzeugen sollte. Und die dann fällige Brennelementesteuer in Höhe von rund 80 Millionen Euro will sich Eon ersparen, zumal der Konzern angesichts der niedrigen Verkaufspreise für Strom an der Börse in Leipzig innerhalb eines dann noch halben Jahres das Geld wieder einzuspielen. Eon schreibt in seiner Mitteilung wörtlich: "Der Weiterbetrieb von Kernkraftwerken ist wirtschaftlich nur noch dann sinnvoll, wenn sich ein genügend langer Zeitraum ohne Kernbrennstoffsteuer anschließt. Diese Steuer läuft erst im Jahr 2016 aus. Für Grafenrheinfeld ist daher angesichts der verkürzten Restlaufzeit eine vorzeitige Stilllegung auch im Interesse der Aktionäre des Unternehmens unumgänglich."
Die Vorsitzende des Umweltausschusses, Bärbel Höhn (Grüne), traut dem Braten noch nicht so ganz. "Eon versucht zusätzliches Geld für den Weiterbetrieb des Akw Grafenrheinfeld bei den Stromkunden heraus zu holen. Ich hoffe, die Aufsichtsbehörden durchschauen dieses Spiel", sagte sie. Atomkraftwerke seien "auch inklusive der Brennelemente-Steuer immer noch wirtschaftlich", findet Höhn. Dagegen ist die atompolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl, geradezu begeistert: "Gut für die Menschen in Bayern: Grafenrheinfeld geht eher vom Netz." Jetzt könne sich der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) der Energiewende nicht mehr verweigern, meint Kotting-Uhl. Und "der Rückzug auf Laufzeitverlängerung funktioniert erst mal nicht", fügt sie hinzu.
Geht in Bayern ohne die Thüringer Strombrücke das Licht aus?
Umstritten ist unter Fachleuten, ob zur Sicherung der Versorgungssicherheit in Bayern die sogenannte Strombrücke durch Thüringen schon fertig gebaut sein muss oder nicht. Die umstrittene Hochspannungsleitung durch den Thüringer Wald in teilweise schon gebaut oder gerade im Bau, es fehlt noch das letzte Stück bis nach Bayern. Die Leitung soll bis Grafenrheinfeld führen, wo nach 2015 dann nicht mehr Atomstrom weiter verteilt werden soll sondern Windstrom aus Ostdeutschland. Die Bundesnetzagentur hat nach den Erfahrungen der ersten beiden Winter nach 2011 vorsorglich mehr Kraftwerkskapazität in Süddeutschland und dem angrenzenden Ausland unter Vertrag genommen, um Engpässe im Winter zu vermeiden. Es ist deshalb ziemlich unwahrscheinlich, dass Eon das Ende des Atomkraftwerks in Gafenrheinfeld noch versilbern kann.
Die Anlage mit einer Leistung von 1275 Megawatt, Baujahr 1981, liegt im Landkreis Schweinfurth. Eon betreibt weiterhin die Atomkraftwerkee Grohnde in der Nähe von Hambeln und Brokdorf in der Nähe von Hamburg, deren Betriebsgenehmigung Ende 2021 ausläuft. Das Atomkraftwerk Isar 2 wird dann Ende 2022 als einer der letzten Meiler für immer vom Netz gehen. Schon bevor 2011 nach der Atomkatastrophe in Fukushima acht Atomkraftwerke stillgelegt wurden - Eon musste damals das Atomkraftwerk Unterweser einmotten - hatte der Konzern bereits die Atomkraftwerke Würgassen und Stade stillgelegt. Würgassen aus Sicherheitsgründen und Stade wie nun auch Grafenrheinfeld aus wirtschaftlichen Gründen.
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