Hauptstadtlage: Schleswig-Holsteins AfD-Chefin droht Parteiausschluss
Die AfD-Spitze entscheidet an diesem Montag, ob sie Doris von Sayn-Wittgenstein aus der Partei wirft. Die UNO verabschiedet den globalen Flüchtlingspakt.
Ihre Parteikollegen nennen sie „die Fürstin“, doch an diesem Montag wird für Doris von Sayn-Wittgenstein ein äußerst unfürstlicher Tag. Die AfD-Spitze muss entscheiden, ob sie die schleswig-holsteinische AfD-Landeschefin aus der Partei werfen will. Aus der Landtagsfraktion geflogen ist Sayn-Wittgenstein bereits. Sie soll Mitglied in dem rechtsextremen „Verein Gedächtnisstätte“ gewesen sein, was sie bestreitet. Damit das aufgeklärt werden kann, muss sie heute vor dem AfD-Bundesvorstand in Berlin antreten.
Ein Ausschlussverfahren ist Parteikreisen zufolge relativ wahrscheinlich. Pikant: Um ein Haar wäre Sayn-Wittgenstein vergangenes Jahr AfD-Vorsitzende geworden, nur eine Stimme fehlte ihr. Hätte sie Erfolg gehabt, würde die AfD jetzt über den Rauswurf ihrer eigenen Chefin entscheiden.
Kampagne gegen Flüchtlingspakt floppte
Ebenfalls ärgerlich für die Rechtspopulisten: An diesem Montag verabschiedet die UNO-Vollversammlung den globalen Flüchtlingspakt. Die AfD hat dagegen Stimmung gemacht – nachdem sie bereits mit der Kampagne gegen das Schwesterabkommen, den UN-Migrationspakt, bei ihren Anhängern gepunktet hatte. Aber die Nachfolge-Kampagne gegen den Flüchtlingspakt zündete nicht mehr. Selbst die türkis-blaue Regierung in Österreich will heute in New York zustimmen. Warum die sich nicht sperrt? Der Flüchtlingspakt soll armen Ländern helfen, die viele Flüchtlinge aufnehmen. Das könnte langfristig sogar dazu führen, dass weniger Menschen nach Mitteleuropa kommen.
Die CDU will jetzt Konsequenzen ziehen aus erhitzten Netz-Debatten wie um den Migrationspakt. Im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus den „Social Bots“ den Kampf an. Das sind Programme, die sich als Menschen ausgeben und das Meinungsklima beeinflussen können.
Brinkhaus schlägt eine Kennzeichnungspflicht für Bot-Nachrichten vor. Dann wäre sichtbar, wer einen Tweet verfasst hat: Mensch oder Maschine. Wie es damit weitergeht, können Leser des „Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI“ verfolgen. Wenn die CDU allerdings nicht ihre eigene Kommunikation im Netz verbessert, nutzt ihr auch kein Bot-Gesetz.
Die Linke kämpft derzeit ebenfalls mit der digitalen Kommunikation: Wer am Wochenende die Website von Sahra Wagenknechts Sammlungsbewegung Aufstehen besuchen wollte, blickte auf einen schwarzen Bildschirm. Grund: Ein bizarrer Streit zwischen dem Aufstehen-Trägerverein und der Werbefirma Dreiwerk Entertainment GmbH, deren Geschäftsführer gleichzeitig Mitglied von Aufstehen ist. Dreiwerk hatte den Webauftritt gestaltet, aber weil Aufstehen angeblich nicht zahlen wollte, wurde die Seite abgeschaltet. Aufstehen behauptet dagegen, die Rechnung sei gezahlt worden. So oder so: Wagenknechts Projekt verheddert sich in den Fallstricken des Kapitalismus und will auch sonst nicht so recht aus dem Knick kommen.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat offenbar wenig Interesse daran, sich mit der Aserbaidschan-Affäre rund um seine Parteifreundin Karin Strenz zu beschäftigen. Die CDU-Bundestagsabgeordnete hatte über eine Firma Zahlungen aus Aserbaidschan erhalten, war aber für den Europarat 2015 dennoch als Wahlbeobachterin in die Hauptstadt Baku gereist. Und zwar ohne die Zahlungen vorher anzugeben. Ein Interessenkonflikt. Der Europarat bat den Bundestag um Aufklärung der Affäre bis Ende 2018, doch Schäuble ließ mit einer Antwort auf sich warten. Jetzt will das Präsidium nach Tagesspiegel-Informationen erst bei seiner ersten Sitzung 2019 feststellen, dass Strenz gegen die Regeln verstoßen hat. Fünf nach zwölf gewissermaßen.
Die Hauptstadtlage von Maria Fiedler und ihrem Team ist Teil der Tagesspiegel-Morgenlage, dem Nachrichtenüberblick für Politik-Entscheider. Kostenfrei anmelden kann man sich hier. In unserem Podcast "Fünf Minuten Berlin" erklärt Maria Fiedler zudem, um was es in der Hauptstadtlage geht.