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Umgang mit der AfD: Schäuble und Münkler warnen vor Ausgrenzung

Bedrohen die Rechtspopulisten die Demokratie? Der Bundestagspräsident und der Politikwissenschaftler haben dazu eine dezidierte Meinung.

nBundestagspräsident Wolfgang Schäuble nach seiner Wahl in der konstituierenden Sitzung des Parlaments am 24. Oktober.
nBundestagspräsident Wolfgang Schäuble nach seiner Wahl in der konstituierenden Sitzung des Parlaments am 24. Oktober.
© Fabrizio Bensch/REUTERS

Der neue Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler haben übereinstimmend davor gewarnt, die Gefahr für die Demokratie durch rechtspopulistische Bewegungen zu überschätzen. Zum Einzug der AfD in den Bundestag sagte Schäuble am Mittwoch in Berlin: "Jetzt haben wir halt sechs Fraktionen, und davon geht die Welt nicht unter." Die demokratischen Prozesse in den Parteien funktionierten einigermaßen, so der Parlamentspräsident. Sie müssten aber nach außen verständlicher gemacht werden, damit die Menschen wieder mehr Vertrauen in die Demokratie gewinnen könnten. "Wenn wir besser werden, ohne zu große Ansprüche zu haben, dann bin ich gar nicht so pessimistisch", fügte er hinzu. Die Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung stand unter dem Titel "Die Demokratie und ihre (neuen) Feinde".

Ähnlich argumentierte auch der Politikwissenschaftler Münkler. "Die Gefährlichsten für die Demokratie sind die, die ihr gleichgültig gegenübertreten", meinte er.  Gewöhnungseffekte und Gleichgültigkeit seien zwangsläufige Folgen, wenn ein System lange funktioniert habe. Diese Entwicklung müsse aber "eine Art Weckruf an die Freunde der Demokratie sein, sich zu zeigen und sich zu engagieren".

Der Politiker und der Wissenschaftler warnten beide davor, die Existenz der AfD zu skandalisieren und ihre Vertreter etwa generell von Debatten in Universitäten auszugrenzen. "Solange sich das im Rahmen des Grundgesetzes bewegt, würde ich keinen ausschließen", sagte der Bundestagspräsident. Mit Meinungsfreiheit sei es unvereinbar, dass man bestimmte Meinungen nicht zulasse: "Das hat keinen Sinn".

"Wir müssen uns das abgewöhnen, den Modus der Skandalisierung", forderte auch Münkler. Die "andere Seite" habe sich angewöhnt, auf den Modus der Skandalisierung zu setzen, um damit öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren. Es sei auch eine Auseinandersetzung mit ihr ohne Skandalisierung möglich. "Dann geht es wieder um Argumente", meinte Münkler.

Auch Schäubles Vorgänger Norbert Lammert hatte sich kurz nach der Bundestagswahl im Hinblick auf den Einzug der AfD in den Bundestag gelassen gezeigt. Er glaube, "dass der Domestizierungseffekt des deutschen Parlamentarismus ziemlich beachtlich ist", sagte Lammert Ende September bei einer Diskussion über das Buch "Zerbricht der Westen" des Historikers Heinrich August Winkler in Berlin. Im Vergleich zum Einzug der Grünen in den Bundestag 1983 seien "alle späteren Erweckungsbewegungen laue spätbürgerliche Lüftchen" gewesen, "sowohl was die Kostümierung, die Rhetorik, was die Umgangsformen betrifft". Er wolle daraus aber keine Prognose ableiten und behaupte deshalb nicht, "dass es mit diesem neuen Verein genauso kommen wird". Der scheidende Bundestagspräsident fügte hinzu: Er glaube aber "überhaupt nicht", dass die AfD "den deutschen Parlamentarismus umbringt".

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